House of many Ways ist das dritte Buch der Moving Castle-Trilogie von Diana Wynne Jones. Nachdem Castle in the Air für mich ein Reinfall war, bin ich ein wenig zögerlich an House of Many Ways herangegangen. Doch zum Glück ist der dritte Teil der Trilogie nicht erneut von Orientalismus geprägt.
Wie fast immer: Ich habe das Buch auf Englisch gelesen und werde wahrscheinlich einige Wörter anders übersetzen als in der offiziellen deutschen Version (oder englische Bezeichnungen beibehalten).
Worum geht es in House of Many Ways?
Charmain Baker ist sehr behütet aufgewachsen. Ihre Mutter lässt sie nicht einmal die einfachste Hausarbeit erledigen und Magie schon gar nicht. Es ist also kein Wunder, dass sich Charmain auf die erste Gelegenheit stürzt, ihr Elternhaus verlassen zu können: Ihr Großonkel, der Zauberer William Norland, ist krank und sie soll auf sein winziges Haus aufpassen. Also packt Charmain ihre Sachen und zieht um. Es gibt nur ein winzig kleines Problem. Das Haus ist magisch und verbiegt Raum und Zeit und Charmain hat keine Ahnung von Magie.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Weil ich von Castle in the Air nicht mehr reden möchte, werde ich House of Many Ways nur mit Howl’s Moving Castle, dem ersten Teil der Trilogie, vergleichen.
Die Welt und Magie von House of Many Ways ist genauso wunderlich und fantastisch wie in Howl’s Moving Castle. Anstatt sich auf alten etablierten Kreaturen und Magie auszuruhen, bekommen die Lesenden ein neues Setting, das zwar vertraut ist, aber doch seine ganz eigene Persönlichkeit bekommt.
Fehlender Fokus
Allerdings habe ich ein bisschen Schwierigkeiten mit der Handlung. Es gibt so viele Handlungsstränge nebeneinander, dass es beizeiten Schwierig ist, einen Fokus in der Geschichte zu finden.
Leichte Spoiler im folgenden Absatz (alle Infos aus dem ersten Drittel des Buches)
Wenn ich richtig gezählt habe, dann gibt es mindestens 8 mehr oder weniger zeitintensive Handlungsstränge. Charmain soll auf das Haus des Zauberers Norland aufpassen und erkunden. Die Kobolde weigern sich, das Haus des Zauberers aufzuräumen. Mithilfe eines neu angekommenen Zauberlehrlings lernt Charmain Hausarbeit. Gleichzeitig hat sich Charmain beim König beworben und hilft dort in der Bibliothek aus. Wohin verschwinden eigentlich die eingenommenen Steuern des Königreichs? Und wer tritt das Erbe des Königs an? Dann begegnet Charmain auch noch einem Monster, dem Lubbock, das ihr androht/prophezeiht, dass es das Land beherrschen wird.
Diese Handlungsstränge sind zwar alle miteinander verbunden, aber bis zu der Auflösung hat man sehr viel Aufmerksamkeit zu jonglieren.
Ist Charmain nur unkonzetriert oder inkompetent?
Es passiert in der Geschichte mehrere Male, dass Charmain eine wichtige Information aufdeckt, bei der es wichtig ist, dass sie so schnell wie möglich weitergeleitet wird. Sie ist sich dessen bewusst – sie sagt sogar selber, dass diese Informationen so schnell wie möglich ankommen müssen – und wartet dann aber entspannt bis zum nächsten Tag nach einem ausgiebigen Frühstück, um sich dann auf den Weg zu machen.
An anderen Stellen trifft Charmain Figuren, die ihr einige wichtige Fragen beantworten könnten und sie „vergisst“ einfach, diese Fragen zu stellen. Das stellt sie dann fest, nachdem die Figuren wieder weg sind.
Das ist beides aus Sicht der Lesenden ziemlich frustrierend. Denn so bekommt man nur den Eindruck, dass die Geschichte nur so lange dauert, weil die Autorin Charmain in gewissen Szenen unkonzentriert/inkompetent gemacht hat.
Die Darstellung von Sprachunterschieden
Es gibt eine Figur namens Twinkle, ein etwa sechsjähriger Junge. Twinkle lispelt stark, was auch im Dialog entsprechend dargestellt wird.
„Of courthe I do. […] Heights thcare me thilly. But thith ith the only plathe where I can talk to you without anyone overhearing.“ – S. 152
In den Momenten, in denen Twinkle gesprochen hat, habe ich sehr deutlich gemerkt, dass Englisch eben doch nur meine Zweitsprache ist. Ich bin generell kein Fan davon, wenn Akzente oder Sprachunterschiede ausgeschrieben werden und in einer Fremdsprache macht es das Ganze nochmal schwieriger und anstrengender.
Und zuletzt: Sophie Hatter und ihre Familie
Ich gebe zu, dieser Kritikpunkt hat nicht wirklich etwas mit der (Haupt)Geschichte zu tun: Sophie wirkt sehr unglücklich. Sie ist überfordert mit ihrem Sohn Morgan, Howl hilft nicht/ist aktiv dabei sie weiter zu belasten und sie streitet ständig mit ihm. Obwohl ich Sophie als Figur immer noch liebe wie kaum eine andere, habe ich das Gefühl, dass sie leidet und das macht mich einfach sehr traurig.
Ich bin mir sicher, dass das nicht die Absicht war, denn Sophies Frustration und die anstrengenden Eskapaden von Howl werden sehr komödiantisch dargestellt. Wäre ich eine jüngere Leserin, würde mir die Tragik der Situation wahrscheinlich nicht auffallen. Aber so wünsche ich mir einfach, dass Sophie ein anderes „Ende“ für ihre Geschichte bekommen hätte.
Wem würde House of Many Ways gefallen?
House of Many Ways ist eine süße Geschichte mit einer fantastisch-wunderlichen Welt. Dennoch fehlt der Geschichte Fokus und die Handlungen der Protagonistin Charmain sind teilweise frustrierend, weil sie sich nicht wie die Entscheidungen von ihr sondern wie die göttliche Hand der Autorin anfühlen. Die Geschichte ist unterhaltsam und wenn man Howl’s Moving Castle mag, auf jeden Fall wert gelesen zu werden.
Ansonsten habe ich einfach keine starken Gefühle für die Geschichte in die eine oder andere Richtung. Es ist süße Märchen-Fantasy mit schöner Sprache und wahrscheinlich eher für Kinder als Erwachsene geeignet. Es ist, was es ist.
Kennst du die Moving Castle Trilogie? Was ist deine Meinung zu den Büchern?