[Worldbuilding] Kosmetik als Körperpflege und Hygiene (2/2)

In dem letzten Teil haben ich Kosmetik als Schönheitsmittel besprochen, diesmal geht es um Kosmetik als Körperflege. Was genau bezeichne ich als Körperpflege? Welche Teile des Körpers benötigen Pflege? Und wie sieht es mit Körperpflege als sozialer Austausch aus? Es hat mich selbst überrascht, wie interessant Körperpflege und Schönheitsmittel für das Worldbuilding werden können.

Was unterscheidet Körperpflegemittel und Schönheitsmittel?

Wie ich auch schon im letzten Artikel erwähnt habe, lassen sich Körperpflegemittel und Schönheitsmittel nicht immer eindeutig voneinander trennen. Denke zum Beispiel an Seife. Sie reinigt und pflegt den Körper, hat aber oft wegen hinzugefügten Düften auch einen verschönernden (verändernden) Effekt.

Wichtig ist hier der Blick auf das Ziel, das z.B. die Seife erreichen soll.
Das Ziel eines Körperpflegemittels ist, den Körper zu erhalten bzw. dem Körper die beste Möglichkeit zu geben, den Erhalt selbst durchzuführen. Denke an Dinge wie Feuchtigkeitscremes, Gesichtsmasken, aber auch Zahnpflegemittel oder Nagelscheren.
Schönheitsmittel hingegen wollen den Körper oder die Erscheinung des Körpers verändern, um ihn einem (subjektiven oder kulturellen) Schönheitsideal näher zu bringen.

Die primäre Funktion einer Seife ist die Reinigung, weshalb ich sie zu den Körperpflegemitteln zählen würde. Der Duft ist meist ein Nachgedanke.

reinigende Körperpflege – Hygiene

Körperhygiene bedeutet, das Entfernen von unerwünschten Schmutz und Bakterien vom Körper zur Bekämpfung und Vorbeugung von Krankheiten. Bei der Hygiene geht es also effektiv um die Erhaltung (oder Hebung) des Gesundheitsstandards des Menschen.
Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Menschen sich jeden Tag zumindest ein wenig mit ihrer eigenen Körperhygiene beschäftigen. Damit meine ich nicht unbedingt tägliches Waschen des Körpers, sondern Mundhygiene wie Zähneputzen (wie auch immer das in einer Kultur aussehen mag), das Entfernen von Dreck unter Fingernägeln oder Händewaschen. Denke mal darüber nach, wie viele Hygiene-Gewohnheiten du am Tag durchführst. Es sind wahrscheinlich mehr als du erwartest, weil viele von ihnen so automatisiert sind.

Vermischung von Körperpflege- und Schönheitsnormen

Auch wenn Körperhygiene im ersten Moment sehr intuitiv und einfach zu erkennen klingt, bleibt es natürlich nicht so einfach. Kulturelle und subjektive Einschätzungen von Hygiene können sich stark unterscheiden. Ein einfaches und offensichtliches Beispiel ist die Körperbehaarung von Frauen. Dass sich Frauen rasieren oder anderweitig enthaaren wird in der heutigen Zeit leider häufig als eine Frage der Hygiene betrachtet. Dabei sind Haare egal an welcher Körperstelle nicht unhygienisch. Eine Enthaarung ist deswegen ein Eingriff, bei dem es allein um das äußerliche Erreichen einer Schönheitsnorm geht. Dazu kommt, dass diese Enthaarungseingriffe durchaus den Körper verletzen können (z.B. Verbrennungen oder blutende Wunden), aber dennoch erwartet/verlangt werden.

Was heißt das für dich und deine Welt? Überlege dir, ob bestimmte Schönheitsnormen/-pflegemittel vielleicht in den Kontext der Hygiene gesetzt werden. Denn eine Körperpflege im Kontext der Hygiene kann zu einer erwarteten Norm werden, die sich nicht erklären muss, weil es ja um „Hygiene“ und somit um die Gesundheit geht. Bedenke aber auch, dass gerade fremde Schönheitsnormen, die sich als Hygiene tarnen, von deinen Leser*innen missverstanden oder falsch interpretiert werden können. Achte also besonders auf die Darstellung solcher Normen und den Kontext, in dem du sie präsentierst.

Wie Hygieneanzeichen zu Schönheitsnormen werden

Körperpflege und Schönheitspflege sind nicht statisch, sondern verändern sich ständig. So passiert es nicht selten, dass ehemalige Hygieneanzeichen in ihr Extrem getrieben und dort zu einer Schönheitsnorm werden. Nehmen wir weiße Zähne als Beispiel. Unverfärbte (und intakte) Zähne sind ein Zeichen für gute Mundhygiene. So weit so einfach. Doch die meisten Zähne sind nicht von Natur aus weiß, oft haben sie selbst in ihrem gesündesten Zustand einen leichten gelben Ton. Wirklich weiße Zähne sind also nur erreichbar durch regelmäßige Zahnarztbesuche. Aber Zahnarztbesuche sind teuer und so werden weiße (= gut erhaltene) Zähne zu einem Zeichen von Geld.

Der Anschein von Geld ist ein guter Motivator. Manche Menschen – besonders zu beobachten in den Influencer-Kreisen – lassen ihre gesunden Zähne herunterschleifen, um perlweiße Kronen darauf zu setzen. Dieser Eingriff ist nicht notwendig, wahrscheinlich auf lange Sicht sogar schädlich. Und das nur um den Anschein von Geld zu erwecken. Vielleicht (wahrscheinlich) haben sie sogar das nötige Geld, aber es ist wichtiger das an den Zähnen zu beweisen, als sich um die Mundhygiene zu kümmern, die wahrscheinlich niemals dasselbe schneeweiße Ergebnis bringen würde. Und schon ist aus einem Hygienezeichen (intakte, unverfärbte Zähne) eine Schönheitsnorm (unnatürlich und unveränderlich weiße Zähne) geworden.

erhaltende Körperpflege

Körperpflege besteht aber nicht nur aus den Hygiene-verbessernden Anteilen, sondern kann auch das Ziel haben, den Körper in seinem jetztigen Zustand zu erhalten. Denke hier Beispielsweise an so etwas wie Falten-, Feuchtigkeits- oder Sonnencreme, das trimmen der Nägel oder langfristige Mundhygiene. Oft lässt sich erhaltende Körperpflege nicht sauber von Körperhygiene trennen, denn auch Hygiene sollte das Ziel haben, den Körper langfristig zu erhalten. Allerdings geht es bei der Hygiene meistens um das Vermeiden von Schmutz, Bakterien und daraus resultierenden Krankheiten. Erhaltende Körperpflege hingegen versucht in den Körper – unabhängig von der Hygiene –  in seinem optischen Zustand zu erhalten.

Ein Gedankenanstoß: Körperpflege als sozialer Austausch

Im westlichen Raum ist Körperpflege eine sehr private Angelegenheit. Das Duschen/Waschen tut man (meistens und besonders wenn man sich auf Reinigung beschäftigen möchte) alleine. Dass eine andere Person Teile der Körperpflege übernimmt oder hilft, ist eine sehr intime – im Sinne von „sehr nahe und vertraut“ – Angelegenheit.

Aber was wenn deine Welt ganz anders mit Körpern und ihrer Pflege umgeht? Was wenn die Körperpflege eine Gelegenheit zum sozialen Austausch ist, zum Beispiel in Badehäusern? Was wenn sich Freunde treffen und gegenseitig die Haare waschen/pflegen und das einfach Teil einer Freundschaft ist? Welche Arten von Ritualen oder sozialen Situationen könnten auf diese Art und Weise entstehen?

 


Konnte ich dir neue Ideen und Anregungen für dein Worldbuilding geben? Hast du Schönheits- oder Körperpflegemittel in deinem bisherigen Worldbuilding bedacht?

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2 Replies to “[Worldbuilding] Kosmetik als Körperpflege und Hygiene (2/2)”

  1. Yvonne Merschmann says:

    Liebe Sina,

    das ist ja mal ein interessanter Artikel! Den muss ich erst mal sacken lassen – aber du hast mir super viele Denkanstöße mitgegeben, über die ich bei zukünftigem Weltenbau nachdenken kann. Habe den Artikel gleich mal Nadine geschickt mit dem Hinweis „Toller Artikel!“, da kann sie bestimmt auch noch einiges mitnehmen. Dankeschön 🙂

    Liebe Grüße
    Yvonne

    Antworten
    1. Sina Bennhardt says:

      Hey Yvonne,
      das freut mich sehr! Ich habe auch erst vor Kurzem angefangen über z.B. Kosmetik und eben die „kleinen Aspekte“ des Weltenbaus nachzudenken und ich finde die Möglichkeiten, die sich damit ergeben, wahnsinnig faszinierend 🙂
      Viel Fokus des Weltenbaus liegt (wahrscheinlich zu Recht) auf den großen Sachen wie Geographie usw. aber das macht sowas wie Kosmetik noch viel spannender, weil es seltener betrachtet wird^^
      LG Sina

      Antworten

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