[Worldbuilding] Kosmetik als Schönheitsmittel (1/2)

Schmuck ist nicht die einzige Methode, wie Menschen verschiedener Kulturen sich und ihre Körper verschönern können. Denn neben Schmuck spielt auch die Kosmetik als Schönheitsmittel eine große Rolle für den Ausdruck einer Kultur. Doch was für kulturelle Informationen werden mit Kosmetik an den Lesenden weitergegeben? Wie wählst du passende Materialien und wie wird Kosmetik überhaupt hergestellt?

Was ist Kosmetik?

Kosmetik ist „Körperpflege- oder Schönheitsmittel; Make-Up“ (Quelle). Eine sehr einfache Definition, die sehr viel Interpretationsspielraum lässt. Deshalb halte ich es für sinnvoll Körperpflegemittel und Schönheitsmittel getrennt zu betrachten. Auch wenn sich diese beiden Themengebiete häufig zumindest teilweise überschneiden und nicht ganz sauber voneinander trennen lassen, haben sie meist unterschiedliche Ziele und geben deinen Lesenden unterschiedliche Informationen über die Kultur.
In diesem Artikel werde ich Kosmetik als Schönheitsmittel betrachten, beim nächsten Mal geht es dann um die (kulturelle) Körperpflege.

Kulturelle Erwartung an das Aussehen/Schönheit

An der Art und dem Einsatz der Kosmetik lassen sich die Schönheitsideale einer Kultur gut ablesen. Trotzdem gibt es einige Gemeinsamkeiten und Regeln, denen die meisten Arten von Schönheitskosmetik folgen.
Ich möchte an dieser Stelle erwähnen: Schönheit ist kulturell und individuell sehr subjektiv. Es ist wichtig die eigene Wahrnehmung von Schönheit zu hinterfragen und zu erkennen, wo sie herkommt, um „andere“ Schönheiten besser verstehen und annehmen zu können.

Gesundheit

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein Aspekt der Schönheit in (körperlichen) Anzeichen für Gesundheit steckt. Deswegen wird mit Kosmetik oft genau diese körperliche Gesundheit imitiert oder herausgehoben. Denke bespielsweise an gerötete Wangen (bei heller Haut), einen gleichmäßigen Hautton, kräftige Haare, Finger- und Zehennägel, angenehmer – was wie alles hier sehr subjektiv ist – Körpergeruch oder die Unversehrtheit von Zähnen. Auch wenn einige dieser Marker realtiv universell sind, hinterfrage jedes Schönheitsideal gesondert im Kontext deiner Geschichte.
Es gibt reichlich Gründe von der Regel „Gesundheit als Schönheitsideal“ abzuweichen. Dennoch bildet sie eine einfache und verständliche Basis für eine Entwicklung komplexerer Kosmetik.

sozialer Stand und Erwartungen

Ähnlich wie der Schmuck kann auch die Kosmetik aussagen über den sozialen Stand, den Beruf und/oder den Familienstand- bzw zugehörigkeit aussagen. Schon allein, dass sich deine Figuren Kosmetik leisten können (oder nicht) sagt Einiges über ihren sozialen Stand aus. Und wenn sie sich Kosmetik leisten können: Wie teuer ist sie? Wie qualitativ hochwertig? Wie oft wird sie benutzt?
Ist Kosmetik als Schönheitsmittel abhängig vom Geschlecht der Figuren? Gibt es unterschiedliche Erwartungen an Frauen, Männer und nicht-binäre Menschen? Wenn ja, wie sehen diese Unterschiede aus und was passiert, wenn sich eine Figur nicht an diese Erwartungen hält?
Ist Kosmetik als Schönheitsmittel ein Bestandteil von Berufen oder ein Zeichen von Familienzugehörigkeit? Von welchen Berufsgruppen (oder Familienmitgliedern) wird erwartet, dass sie Kosmetik als Teil ihrer täglichen Aufgaben tragen? Führende Personen? Vertreter verschiedener Religionen? Wie lässt sich das mit möglicherweise geschlechterspezifischen Schönheitsmitteln verbinden?

Sehr viele Fragen, die du nicht unbedingt beantworten musst, aber deren Antwort definitiv ein paar Gedanken wert sind.

Eigenentscheidung/Selbstdarstellung

Ein weiterer wichtiger Aspekt für dein Worldbuilding – aber vor allem für deine Figuren – ist die Selbstdarstellung mit Hilfe der (Nicht)Nutzung von Kosmetik. Entspricht deine Figur den kulturellen Erwartungen des (Nicht)Tragens von Schönheitsmitteln oder entscheidet sie sich aus irgendeinem Grund dagegen?

Tattoos und Narben

Obwohl die meiste Kosmetik vergänglich ist, wie zum Beispiel Make-Up, gibt es doch einige Schönheitsmittel, die permanent sind. Im Speziellen denke ich hier an Tattoos oder andere permanente Veränderungen der Haut wie (absichtliche) Narben, die der Verschönerung des Körpers dienen. Tattoos sind in vielen Kulturen weit verbreitet und dienen dem religiösen Ausdruck, Information über Volkes- oder Familienzugehörigkeit oder auch einfach der eigenen Selbstdarstellung. Überlege dir bei Tattoos also genau, welche Stellen des Körpers tätowiert werden (sollen/dürfen) und welche nicht. Gibt es traditionelle Symbole und was sagen sie aus? Welche Bedeutung haben unterschiedliche Farben? Sind „Familientattoos“ und Tattoos zur Selbstdarstellung vereinbar? Was sagt ein Tattoo allgemein über seine*n Träger*in aus?
Dieselben Fragen gelten bei Narben, die dem Körper zur Verschönerung zugefügt werden.

Bedenke sowohl bei Tattoos, Narben oder anderen permanenten, kosmetischen Körperveränderungen den Prozess ihrer Entstehung. Tattoos und Narben bedeuten, dass der Körper verletzt werden muss und offene Wunden sind grundsätzlich nicht ungefährlich. Wie sieht es also mit der Vor- und Nachsorge bei Tattoos und Narben aus? Wie wird sichergestellt, dass der*die Träger*in unbeschadet davonkommt?
Und ganz wichtig: Wer darf Tattoos (und Narben) überhaupt entwerfen und ausführen? Ist es ein fester Beruf?

Woraus werden Schönheitsmittel hergestellt?

Das Wichtigste an Schönheitsmitteln sind meist die verwendeten Pigmente. Diese Pigmente können aus Pflanzenstoffen (Blättern, Stängeln, Blüten, Früchten, etc.), Steinen, Metallen, Mineralen oder tierischen Stoffen gewonnen werden. Die Möglichkeiten enden an deiner eigenen Kreativität. Bedenke dabei, wie einfach gewisse Grundmaterialien zu gewinnen sind. Wachsen sie nach? Wie stark sind die Pigmente? Und wie teuer und langwierig ist die Herstellung?
Wie diese Pigmente auf den Körper gelangen, z.B. als Pulver/Puder oder aufgelöst in z.B. Parrafin, Fetten oder Wasser, kann sich je nach Gebrauchsziel, Kultur oder persönlicher Vorliebe unterscheiden. Auch hier lohnt es sich, nachzuforschen, welche Möglichkeiten die Umwelt in deiner Geschichte hergeben würde.

Herstellung von Schönheitsmitteln

Eine – wie ich finde – sehr interessante Art World- und Charakterbuilding zu betreiben, ist durch die Herstellung von Kosmetik. Präziser: Die Figuren eigene Kosmetik herstellen zu lassen. Es muss nichts Komplexes sein, vielleicht Maskara herstellen indem man Holz verbrennt und dann auf bestimmte Art und Weise mit Ölen mischt, aber es gibt eine „Hintergrundbeschäftigung“ für eine Szene und sagt gleichzeitig Einiges über die beteiligten Figuren aus.
Aber auch wenn deine Figuren ihre Schönheitskosmetik nicht selbst herstellen, sondern „nur“ einkaufen und/oder nutzen, gibt es auch hier allerlei Möglichkeiten Worldbuilding zu betreiben.

Werden Kosmetikprodukte von Einzelpersonen – z.B. einer Nachbarsperson – oder in Läden hergestellt? Ist es ein gelernter Beruf? Gibt es für bestimmte Komsmetik „Saisons“, weil vielleicht die Materialien nicht das ganze Jahr verfügbar sind? Wie wird die Kosmetik verkauft? Müssen die Kunden eigene Dosen/Behältnisse mitbringen oder sind sie im Preis einbegriffen? Kann man sich Kosmetik auf den eigenen Hautton anpassen (lassen) oder gibt es eine Vorauswahl von Farben und man muss sich die passendste aussuchen? Du kannst beliebig präzise in deinen Beschreibungen werden.

Ein Wort zur Verträglichkeit

Je nachdem zu welcher Zeit und an welchem Ort deine Geschichte spielt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass giftige oder schädliche Stoffe Verwendung als Schönheitsmittel finden. Eines der bekanntesten Beispiele ist Blei, das eine wunderbar deckende weiße Farbe produzierte und deswegen auch in der Kosmetik verwendet wurde. Trotzdem solltest du bedenken, dass es auch in früheren Zeiten auffallen würde, wenn auf einmal alle/viele Menschen, die dieselbe Art von Kosmetik verwenden, krank werden oder sogar versterben.
Das heißt für dich, dass aktiv und unmittelbar schädliche Kosmetik schnell herausgefunden und nicht weiter verwendet werden würde. Kosmetik, die nur auf lange Sicht schädlich ist oder deren negative Effekte sich nur schleichend zu erkennen geben, werden wahrscheinlich nicht so schnell identifiziert.

Eine „verbotene“ Kosmetik zu haben, kann ein interessanter Fun Fact in deinem Worldbuilding sein.

 


Beim nächsten Mal geht es weiter mit Kosmetik als Körperpflegemittel.

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