Wenn du eigene Pflanzen entwickelst, dann wirst du früher oder später dazu kommen, ihnen einen Namen zu geben. Aber gibt es da ähnlich wie bei Städten auch Richtlinien, an die du dich halten kannst? Ich glaube, es ist offensichtlich, dass die Antwort „Ja“ ist, denn ansonsten gäbe es keinen Artikel von mir darüber. Genau diese Richtlinen und Benennungsmuster werde ich dir hier näher erklären.
Die Pflanze im Volksmund und botanische Namen
Direkt am Anfang möchte ich zwei Dinge unterscheiden. Eine Pflanze hat meistens zwei Namen. Einen Namen, der im normalen Sprachgebrauch verwendet wird, z.B. Löwenzahn, und einen botanischen Namen, der wäre beim Löwenzahn Taraxacum sect. Ruderalia. Diese beiden Namen erfüllen unterschiedliche Zwecke:
Der botanische Name
Der botanische Name dient der Einordnung der Pflanze in das bestehende Netzwerk der bereits beschriebenen Pflanzen. Es geht vor allem darum, die unterschiedlichen „Verwandtschaftsgrade“ der Pflanzen zu bewerten und damit auch indirekt eine Evolutionslinie der Pflanzen nachverfolgen zu können. Diese Informationen werden gerne in einem Kladogramm dargstellt, das du bestimmt schonmal gesehen hast, von dem aber nur wenige den Namen kennen.
Die botanischen Namen sind höchst spezifisch und vor allem eindeutig. Allerdings braucht man für die genaue Klassifizierung oft moderne Methoden und Geräte, präzise Untersuchungen aller Bestandteile der Pflanze, den Zugang zu den Pflanzen und vor allem anderen sehr, sehr viel Zeit(!). Ich möchte betonen, wie wichtig der Aspekt der Zeit ist. Denn eine beschriebene Pflanze muss in ein Register aufgenommen, verifiziert und wieder und wieder geprüft werden, um ihre Rchtigkeit sicherzustellen und zu verhindern, dass Dopplungen existieren.
Eine gute, konsequente und präzise Klassifizierung von Pflanzen setzt eine gewisse Grundvernetzung deiner Welt voraus. Um den botanischen Namen deiner Pflanzen soll es in diesem Artikel nicht gehen.
Der Name im normalen Sprachgebrauch
Der (für unsere Zwecke) „normale“ Name einer Pflanze dient nur ihrer Identifizierung ohne sie in den Kontext der anderen Pflanzen zu setzen. Dabei werden gerne beschreibende Ausdrücke verwendet, um die Pflanzen schon an ihrem Namen erkennen zu können. Nehmen wir den Löwenzahn, der seinen Namen angeblich wegen der Ähnlichkeit seiner Blätter zu richtigen Löwenzähnen hat.
Es ist durchaus möglich – und sehr verbreitet – dass eine Pflanze mehrere Namen hat. Auch dafür ist der Löwenzahn ein perfektes Beispiel: Pusteblume, Pissnelke und Kuhblume sind nur wenige davon. Wichtig festzustellen ist, dass jeder dieser Namen einen bestimmten Aspekt des Löwenzahn beschreibt. Die Pusteblume beschreibt das Spiel, das Kinder oft mit dem Löwenzahn spielen, nachdem er ausgeblüht hat. Die Pissnelke bezieht sich darauf, dass Löwenzahn bei Verzehr sehr wassertreibend ist. Und Kuhblume spielt einfach darauf an, dass Kühe ihn gerne fressen.
Du siehst: Eine Pflanze, viele beschreibende Namen.
Eigene Pflanzen benennen
Wenn du deine eigenen Pflanzen nach den Benennungsmustern unserer Welt beschreiben möchtest, dann denke vor allem über drei Dinge nach:
1. Aussehen und Wahrnehmung
Bei dem Aussehen solltest du alle Aspekte der Pflanze bedenken. Farbe, Größe, Form (der Blätter, Äste, Wurzeln, Blüten und der Pflanze allgemein), Saft/Harz/Milch, Samen, Blüten, Früchte/Beeren, Insekten/Tiere, die sich in der Umgebung aufhalten, Geruch, Haptik, Vorkommensort und und und. Jeder Teil der Pflanze kann die Inspiration für einen neuen/alternativen Namen sein.
Pflanzen, die nach ihrem Aussehen benannt wurden sind z.B. die Glockenblume, der Fingerhut und die Engelstrompete.
2. (Wirkung auf die) Umgebung
Wo wächst die Pflanze? Verändert sie durch ihre Anwesenheit grundlegend die Umgebung? Oder kommt sie vielleicht nur zu einer bestimmten Jahreszeit vor? Auch das kann Inspriration für ihren Namen sein. Denke hier an Pflanzen wie Ackerhellerkraut, Wasserlinse oder Frühlingszwiebel.
3. Nutzen
Menschen beschreiben Dinge gern damit, wie sie genutzt werden. Egal ob Futter, Heilmittel, Gift oder Köder, all das kann in den Namen einer Pflanze hineinspielen. Versuche hier sehr präzise über den Nutzen nachzudenken. Auch wenn es seltsam klingt: Je präziser, desto besser! Du wärst überrascht, wie seltsam einige Pflanzen heißen, die nach ihrem Nutzen benannt sind. Allerdings ist hier zu beobachten, dass die Namen, die den Nutzen der Pflanze in den Fokus rücken, selten die häufigst benutzten Namen sind. Sie finden meist Anwendung, wenn genau auf den bestimmten Nutzen angespielt wird.
Hier ein paar Beispiele: Vogelbeere, Zuckerrübe und Baumwolle.
Wie viele Namen sollten deine Pflanzen haben?
Wie viele Namen du deinen Pflanzen letztendlich gibst, hängt ganz von ihrem Stellenwert in der Geschichte ab. Um Verwirrung zu vermeiden würde ich ihr allerdings nicht mehr als drei geben und die Figuren nur einen davon regelmäßig benutzen zu lassen. Hier geht für mich die Klarheit und Einfachheit des Textes über eine mögliche „realistischere“ Variante mit mehr Namen.
Namens-Beispiele:
Um dir zu zeigen, dass wirklich viele Namen von Pflanzen nach den drei Aspekten oben aufgebaut sind, gebe ich dir hier eine Liste mit real existierenden Pflanzen. Kannst du herausfinden, welche Aspekte von oben sie in welcher Form erfüllen?
- Hirschzungenfarn
- Lungenkraut
- Pestwurz
- mandelblättrige Wolfsmilch
Eine Notiz am Rande: Pilze
Ich liebe die Namen von Pilzen. Nicht nur, dass man sie wunderbar als Schimpfwörter benutzen kann – wirklich! Probier es aus, es funkioniert hervorragend – ihre Benennung ist mehr noch als bei den Pflanzen extrem bildlich. Schöngelber Klumpfuß, Riesen-Lorchel, Parfümierter Trichterling und grünblättriger Schwefelkopf sind nur einige davon. Und um genauso schöne Pilznamen zu basteln habe ich hier deinen eigenen Pilznamen-Generator:
(Herausragende Eigenschaft) +(Form/Tiername) +(-fuß oder -kopf oder -ling)
Damit bekommst du Namen wie „silberner Löcherling“, „kleiner Schirmkopf“ oder „stinkender Fliegenfuß“, bei denen man direkt am Namen merkt, dass es Pilze sind und die gleichzeitig wie Beleidigungen klingen. Besser geht es eigentlich nicht. Es würde mir unglaubliche Freude machen, wenn du mir ein paar selbstausgedachte Pilznamen in die Kommentare schreibst. Je ausgefallener, desto besser!
Die nächsten paar Artikel werden sich übrigens um die Domestizierung und verschiedenen Arten von Nutzpflanzen drehen.