Wer kennt „The Rime of the Ancient Mariner“?

Als ich noch in der Schule war, hatte ich das Glück ein Austauschjahr in Amerika zu verbringen. Dort musste ich an der High School wie jede:r Austauschschüler:in einen Englischkurs besuchen, damit ich auf jeden Fall gutes Englisch lerne. Obwohl ich am Anfang dachte, dass dieser Kurs sehr langweilig werden würde, wurde er doch nach einiger Zeit zu einem meiner Lieblingskurse. Denn in nur einem Schuljahr lasen wir englische Klassiker wie Beowulf, Frankenstein, Hamlet, Lord of the Flies und eben auch The Rime of the Ancient Mariner.

[Leichte Spoilerwarnung für alle genannten Bücher.]

Was ist das alles eigentlich?

Von Beowulf, Frankenstein, Hamlet und Lord of the Flies hatte ich schon gehört. Auch wenn ich noch keines davon gelesen hatte. Aber von jeder dieser Geschichten war ich aufs Neue begeistert. Beowulf ist aus der Sicht des heutigen Geschichtenerzählens einfach nur wahnsinnig witzig, denn dort wird das Helden-dasein ganz unsarkastisch und ernst auf ihren absolut witzigsten Höhepunkt getrieben. „Das Monster trägt keine Rüstung oder Waffen? Dann werde ich, Beowulf, der coolste und beeindruckenste aller Männer, ebenfalls nackt und ohne Waffen kämpfen. Für die EHRE!“ Es ist wirklich zum Schreien.

Frankenstein von Mary Shelley hat mich überrascht, weil ich Frankensteins Monster aus der Popkultur nur als stammelndes, dummes und zusammengenähtes Monster kannte. Aber das richtige Monster war eloquent und gebildet. Außerdem ist diese Geschichte als eine Erzählung in einer Erzählung in einer Erzählung geschrieben und das ist auch außerordentlich amüsant.

Zu Hamlet muss ich nicht viel sagen, außer dass es sich lohnt es zu lesen (und ich den Exkurs zu den Piraten echt nicht erwartet habe). Lord of the Flies, als modernstes Buch der Reihe, kam meinem normalen Leseverhalten als nächstes und hat mich geschockt und von seiner simplen Grausamkeit überwältigt. Auch das möchte ich nur absolut empfehlen.

Als letztes stand The Rime of the Ancient Mariner auf dem Plan und es war die einzige Geschichte, von der ich noch nie gehört hatte.

The Rime of the Ancient Mariner

The Rime of the Ancient Mariner (1798) vom britischen Dichter Samuel Taylor Coleridge ist eine Ballade, die den Beginn der englischen Romantik einläutet. Sie berichtet von einem alten Seefahrer, der von seiner Zeit auf See berichtet, bei der die gesamte Mannschaft seines Schiffes starb und nur er überlebte. Es ist ein mystisches und dunkles Gedicht von Verrat, Verzweiflung und schließlich Vergebung und hat mich beim ersten Lesen sprachlos zurückgelassen.

Als Hausaufgabe bekamen wir damals auf, einige Strophen der Ballade auswendig zu lernen und ich kann sie heute noch aufsagen. Die Komplexität der Sprache, die Bilder und der Klang suchen heute noch ihresgleichen. Und auch wenn The Rime of the Ancient Mariner großen Einfluss auf die englische Literatur hatte und viele Geschichten aus der Zeit Bezug auf die Ballade nehmen, ist sie hier in Deutschland jedoch kaum bekannt. Das finde ich sehr schade, denn es ist mein absolutes Lieblingsgedicht. Ich hatte das Gedicht so gerne, dass ich es für meine Schwester komplett abgeschrieben und bebildert habe, damit sie gezwungen ist, es ebenfalls zu lesen. (Und sie war auch begeistert davon.)

Meine Lieblingsstrophen

Es gibt eine gute Nachricht: Es ist gemeinfrei und darf kostenlos im Internet zur Verfügung gestellt werden. Und auch wenn die Sprache zugegebenermaßen sehr schwierig ist, lohnt es sich dennoch, die Mühe hineinzustecken, um es wirklich zu verstehen. Ich möchte dir hier ein paar meiner Lieblingsstrophen zeigen und vielleicht hast du danach Lust, das ganze Gedicht zu lesen. Ich habe das Gedicht am Ende des Artikels verlinkt und hoffentlich hast du damit so viel Spaß wie ich.

Hier ein kleiner Ausschnitt aus Part III. Das Schiff des alten Seefahrers hängt sein langer Zeit in einer Flaute fest und auf einmal sieht er einen Flecken am Horizont:

A speck, a mist, a shape, I wist!
And still it neared and neared:
As if it dodged a water-sprite,
It plunged and tacked and veered.
..
With throats unslaked, with black lips baked,
We could nor laugh nor wail;
Through utter drought all dumb we stood!
I bit my arm, I sucked the blood,
And cried, A sail! a sail!
[…]
..
Alas! (thought I, and my heart beat loud)
How fast she nears and nears!
Are those her sails that glance in the Sun,
Like restless gossameres?
..
Are those her ribs through which the Sun
Did peer, as through a grate?
And is that Woman all her crew?
Is that a DEATH? and are there two?
Is DEATH that woman’s mate?
..
Her lips were red, her looks were free,
Her locks were yellow as gold:
Her skin was as white as leprosy,
The Night-mare LIFE-IN-DEATH was she,
Who thicks man’s blood with cold.

Hoffentlich hat dir dieser kleine Einblick gefallen. Falls ja, findest du hier das ganze Gedicht.
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