Die Relevanz eines guten Settings ist unbestreitbar und es ist kein Geheimnis, dass du bei jeder neuen Szene einordnen solltest, wo sich deine Figuren befinden. Wie das Beschreiben am besten funktioniert, habe ich schon in mehreren Artikeln beschrieben, trotzdem möchte ich mich noch einmal diesem Thema zuwenden. Denn auch wenn ich in Büchern oft Beschreibungen lese, bleibt die Umgebung manchmal leider langweilig. Woran liegt das?
Was ist „Der weiße Raum“?
Wenn ich in diesem Artikel vom „weißen Raum“ rede, dann meine ich damit Folgendes: Die Beschreibung der Umgebung ist so ungenau oder beliebig, dass die Szene in einem weißen Raum stattfinden könnte, und es würde (für den Leser) keinen Unterschied machen. Er tritt häufig auf bei Schreiberlingen, die ihre Szenen am liebsten anhand des Dialoges ausarbeiten oder bei Menschen mit einem schlechten bildlichen Gedächtnis.
Der weiße Raum ist in seiner genauen Erscheinung allerdings subjektiv. Was manchen Lesern als Beschreibung ausreicht, um sich die Umgebung lebendig vorstellen zu können, wirkt auf andere noch blass. Aber ich hoffe, dass du mit ein bisschen Experimentierfreude auf die richtige Balance für dich stößt.
Die Relevanz des Settings für die Geschichte
In einer idealen Welt würde jedes Setting in deiner Geschicht wichtig sein und Einfluss auf den Plot nehmen. Tatsächlich ist das aber eher selten der Fall. Ob die Einführungsszene für Nebencharakter A jetzt in diesem oder jenen Setting stattfindet, ändert meistens nichts an der Geschichte und schon rutscht du in die Gefahr des weißen Raumes. Denn wenn es nicht relevant ist, wieso solltest du es dann ausführlich beschreiben? Schließlich gibt es so viele Tipps, die immer wieder darauf pochen, in der Geschichte nur Relevantes zu erwähnen.
Die Frage der Relevanz
Die Frage nach Bedeutung bestimmter Aspekte wird in meiner Erfahrung oft falsch verstanden, denn die Relevanz bestimmter Aspekte ändert sich mit dem Fokus des Fragenden. Ist ein bestimmtes Setting plotrelevant? Möglicherweise nicht. Aber ist es wichtig für die Stimmung des Buches? Bestimmt. Leider wird bei Fragen der Relevanz oft nur die Struktur und innerliche Logik in den Vordergrund gestellt – die auch wichtig ist, aber eben nicht die ganze Geschichte ausmacht – und selten nach kleinen Charakter- oder Spannungsbogenentwicklungen gefragt. Diese scheinen auf den ersten Blick auch nicht so wichtig wie die Struktur, können aber deine Geschichte in der Wahrnehmung deiner Leser grundlegend verändern.
Welchen Stellenwert sollten die Settings in deiner Geschichte haben?
Das ändert sich von Genre zu Genre. In der Fantasy und SciFi, die von ihrem Worldbuilding leben, solltest du dir schon bei der Entwicklung der Geschichte Gedanken zu den Settings machen. Auch in Krimi(-ähnlichen) Genres sind die Settings wichtig für das Verständnis der Geschichte. Bei den meisten anderen Genres besteht durch die Leserschaft oft kein allgemeiner Anspruch an besondere Settings. Sie sind zwar gern gesehen und werden auch hervorgehoben, sind aber nicht notwendig.
Letztendlich ist der Stellenwert des Settings und damit die Aufmerksamkeit, die du ihm schenkst, deine Entscheidung.
Wie bindest du das Setting am besten ein?
Für die Beschreibungen des Settings gibt es ein paar grundsätzliche „Regeln“. Es ist oft sinnvoll, die Beschreibung des Handlungsortes bei den wichtigsten/prägnantesten Eckpunkten zu beginnen und im Laufe der Szene unwichtigere Details nachzufüllen. Außerdem ist es sinnvoll, das Setting durch Aktionen der Figuren in das Geschehen einzubinden. So kannst du sicherstellen, dass dein Leser erstens den Handlungsort nicht vergisst und du zweitens sicherstellst, dass das Setting mindestens oberflächlich relevant bleibt.
Den Ort einfach benennen
Erik saß in der Küche und der Duft der Pizza stieg ihm in die Nase.
Den Ort einfach zu benennen ist eindeutig und offensichtlich. Der Leser weiß genau, wo er sich gerade befindet und kann somit das Geschehene schnell einordnen. Aber diese Art der Beschreibung/Einführung des Settings bringt seine Probleme mit sich. Es ignoriert, dass es tausende verschiedene – in diesem Fall – Küchen geben kann und nur weil der Ort benannt wurde, wir trotzdem nicht wissen, wie es dort aussieht. Natürlich können wir uns einige Sachen vorstellen. Es wird wahrscheinlich einen Ofen geben, eine Spüle, Platz zum Kochen, Schränke für Teller und Besteck … aber ist das wirklich aussagekräftig? Nein. Es fehlt an Details und Leben.
Allerdings eignet sich diese einfache Benennung gut, wenn du den Ort vorher schonmal im Detail beschrieben hast. Dann reichen leichte Auffrischungen im Laufe der Szene und du langweilst deinen Leser nicht mit Wiederholungen.
Rückschlüsse aus indirekten Beschreibungen
Erik öffnete die Ofentür einen Spaltbreit und die Hitze schlug ihm ins Gesicht.
Auch dieser Satz sagt deinem Leser, dass Erik sich gerade in der Küche befindet, aber ohne es direkt zu benennen. Außerdem ist das Setting direkt fest mit Eriks Auftreten in der Szene verbunden. Wir wissen, er wartet auf etwas im Ofen und können vielleicht sogar schließen, dass er kein geübter Koch ist, weil er die Hitze nicht erwartet hat. Diese Art der Beschreibung dauert initial länger, hilft dir aber dich daran zu erinnern das Setting durch Aktionen der Figuren einzubinden. Wenn du allerdings zu indirekt vorgehst, dann riskierst du, dass kein klares Bild in den Köpfen deiner Leser entsteht.
Noch mehr allgemeine Tipps
Versuche in jeder Szene die Sinne deiner Leser anzusprechen, aber dabei Wörter wie fühlen, hören und sehen zu vermeiden. Denn durch solche Filterwörter entfernst du den Leser künstlich von dem Geschehen, wenn es nicht nötig wäre. Für eine ausführlichere Erklärung lies meinen Artikel Wie Filterwörter deine Schreibstimme verschlechtern. Eine Strategie, die deinen Lesern wahrscheinlich nicht aktiv auffallen wird, aber unbewusst bei der Charakterisierung deiner Figuren helfen kann: Überlege dir, ob bestimmte Figuren bestimmte Sinne bevorzugen. Ein Musiker könnte besipielsweise deutlich mehr auf die Klänge in der Umgebung achten und ein Handwerker mehr auf die Materialien und Haptik von Gegenständen. Versuche das bei Perspektivwechseln zu beachten.
Noch ein kleiner Hinweis: Wie viel deine Figuren auf das Setting reagieren und durch ihre Augen beschreiben, sagt dem Leser wie besonders es ist. Wenn die Figuren einen Raum voll Diamanten betreten, aber kaum mit den Wimpern zucken, dann wird das viel über sie und deine Welt aussagen.
Letztendlich ist die Beschreibung und Relevanz deiner Settings auch immer eine Stilfrage. Trotzdem rate ich dir, bei jedem neuen Handlungsort zu überprüfen, ob es nicht eigentlich ein weißer Raum ist. Der weiße Raum wird dir als Autor nicht unbedingt auffallen, weil du dein Setting im Kopf hast, deswegen verlasse dich im Zweifelsfall auf die Aussagen deiner Testleser.
Kanntest du das Konzept des weißen Raumes? Beschreibst du deine Settings gerne?
Ich hab auch oft das Problem, dass ich zu wenig beschreibe. Gerade in der Rohfassung. Deswegen gehe ich beim ersten Überarbeiten noch mal durch, markiere mir die bestehenden Beschreibungen und formuliere sie dann weiter aus. 🙂
Ich mag Beschreibungen generell eigentlich gern, aber auch lieber indirekt. Bei zu viel direkter Beschreibung neige ich eher dazu, dann die Passage zu überfliegen. 😀
Ich mag das neue Design übrigens! 😀
Indirekte Beschreibungen sind mir auch insgesamt lieber, weil ich dann nicht das Gefühl habe, dass die Geschichte für Beschreibungen anhält^^
Danke 🙂 Ich möchte an dem Design noch ein bisschen schrauben, aber im Großen und Ganzen bin ich mittlerweile zufrieden.