[Worldbuilding] Religion – Götter und eine nicht-menschliche Form

Bisher haben die Götter, die ich erwähnt habe, nie eine explizite Form gehabt. Doch es ist in den meisten Kulturen verbreitet, dass die Götter eine (teils) menschliche Formen haben. Man denke an die griechischen oder nordischen Götter, oder auch die ägyptischen, auch wenn Letztere oft mit Tierkopf dargestellt werden. Aber würde es den Blick auf die Religion und seine Anhänger verändern, wenn Götter eine nicht-menschliche Form hätten?

Warum haben die Götter meist keine nicht-menschliche Form?

Ich möchte gleich vorweg sagen, dass es dafür keine eindeutige und unanfechtbare Antwort gibt (die ich kenne). Das hier sind lediglich zwei meiner (unvollständigen) Spekulationen.

  1. Menschen sind in ihrem Aussehen relativ einzigartig.
    Es gibt nicht viele Wesen – zumindest in unserer Welt – die aufrecht auf zwei Beinen gehen und haar-, feder- und schuppenlos sind. Und Einzigartigkeit ist, nun ja, einzigartig, genau wie die Götter sein sollten. Da ist es nur logisch, dass in vielen Schöpfungsgeschichten fast wortwörtlich gesagt wird, dass die Menschen nach dem Ebenbild der Götter geschaffen sind. Damit ist unsere eigene Abnormalität erklärt und gleichzeitig bewiesen, wie besonders die Götter sind.
  2. Emotional einfach „lesbar“
    In unserer Evolution haben Menschen kaum etwas so gut gelernt, wie menschliche Gesichter zu erkennen und zu interpretieren. Auch wenn Menschen starke Bindungen zu nicht-menschlichen Wesen aufbauen können, so ist es für uns doch am intuitivsten menschliche Gesichter zu verstehen. Da ergibt es Sinn, dass wir versuchen würden die Götter zu verstehen, indem wir sie vermenschlichen.

Es ist ebenfalls verbreitet – allerdings eher bei monotheistischen Religionen – dass die Götter gar keine Form haben und es sogar verboten ist, sie darzustellen. Aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen.

Götter als menschliche Mischwesen

In einigen Religionen wie zum Beispiel im alten Ägypten werden die Götter zum Teil als Mischwesen aus Mensch und Tier dargestellt. Eine Darstellungsweise von Anubis ist ein Mensch mit einem Schakalkopf und Horus wird unter Anderem als Mensch mit Falkenkopf visualisiert. Zu so einem Mittel kannst du bei der Darstellung deiner eigenen Götter auch greifen.

Die Mischform betont noch deutlicher die Andersartigkeit der Götter. Gleichzeitig verrät uns die Art des Tieres noch mehr über das Wesen des Gottes. Horus als Falke trägt direkt die Konnotation des Fliegens und somit der Luft und des Himmels, was seinen (ältesten) Platz als Himmelsgott gut widerspiegelt. Wenn du allerdings zu solchen Mischwesen greifst, dann solltest du dir vorher noch über die Magie deiner Welt Gedanken machen. Ist es möglich mit Magie seine Gestalt zu verändern? Wäre so eine Mischform überhaupt etwas besonderes/göttliches? Und falls diese Magie möglich ist: Was würde eine göttliche Mischform von einer menschengemachten Mischform unterscheiden?

Eine andere Möglichkeit des Mischwesens wäre, dass der Gott den Kopf/Oberkörper eines Menschen hätte und den Körper eines Tieres. Allerdings finde ich diese Darstellung schwieriger, weil es bereits viele explizit nicht-göttliche Wesen gibt, die diese Form annehmen. Denke Beispielsweise an Meerjungfrauen, Sirenen, Zentauren, Sphynxen und Satyre.

Wie du das beste Tier für ein Mischwesen aussuchst

Der Unterschied zwischen beeindruckendem Mischwesen und seltsamen Monster ensteht in seiner grundsätzlichen Anatomie. Wichtig ist, dass das Mischwesen in der Kombination der Tiere theoretisch funktionieren würde. Das beginnt im einfachsten Schritt mit der Terrainunterscheidung von Wasser und Luft und Erde. Ein Gott, der sich an Land bewegt, würde sich offensichtlich schwer tun mit Flossen und Kiemen.

Als nächstes solltest du dir über die Ausrucksweise des Tieres Gedanken machen. Auch hier lässt sich generell sagen, dass Säugetiere und Vögel tendenziell besser funktionieren als Reptilien, Amphibien, Insekten und Fische. Säugetiere und Vögel haben eine Ausdrucksweise, die Menschen oft intuitiv noch verstehen, da sie eine gewisse „Mimik“ besitzen. Anders ist das bei Reptilien, Amphibien, Insekten und Fischen, die ihre Gefühle eher durch Körpersprache und Position im Raum kundgeben und sich von der Kommunikation der Menschen damit grundlegend unterscheiden.

Als letzten und eigentlich wichtigsten Faktor habe ich die Position der Augen und damit das Sichtfeld identifiziert. Damit ein Mischwesen mit dem Kopf eines Tieres und dem Körper eines Menschen noch so agieren und handeln kann wie ein Mensch, muss es das Gleiche sehen können. Deswegen eignen sich die Raubetiere und Allesfresser unter den Säugetieren besonders gut. Vögel und einige Reptilien funktionieren ebenfalls ausreichend gut, besonders wenn man bedenkt, dass sie das „fehlende“ Sichtfeld durch leichte Bewegungen des Kopfes ausgleichen können. Um das zu illustrieren habe ich ein paar Bilder gemalt.

Götter und ihre nicht-menschliche Form
Noch ein Hinweis am Rande: Nur weil ich sage, dass ein Tier nicht optimal geeignet ist, heißt nicht, dass diese Kombination nicht funktioniert. Auch ein „nicht kompatibles Sichtfeld“ kann bei einem Mischwesen-Gott funktionieren.

Götter und ihre nicht-humanoide, nicht-menschliche Form

Den Anstoß, den ich dir mit diesem Artikel geben wollte, ist allerdings folgender: Deine Götter müssen nicht humanoid sein. Sie müssen noch nicht einmal tierisch sein. Denke an Pflanzen, Bäume, Pilze, Steine, Berge oder den Wind. All das kann ein Gott in deiner Welt sein – auch wenn die Grenze zu Naturgeistern bei ausreichend kleinen Wesen verschwimmen kann.

Götter in nicht-menschlicher Form bringen zwei große Vorteile mit sich:

  1. Sie wirken älter/ursprünglicher/natürlicher.
    Das Konzept, dass Götter angebetet werden müssen, um zu existieren, besteht in vielen Geschichten. Aber ein Gott, der ein Berg ist, muss nicht angebetet werden. Der Berg wird trotzdem da sein. Er lässt sich nicht wegbeten oder zerstören. Er ist einfach und die Menschen müssen sich damit abfinden.
  2. Sie können nicht vermenschlicht werden.
    Die Sache mit den humanoiden Göttern ist, dass eben wegen ihrer menschlichen Gestalt impliziert wird, dass sie sich grundsätzlich menschlich verhalten. Man spricht ihnen Moralität und Logik – vielleicht sogar Güte – zu, ohne länger darüber nachzudenken. Aber ein Gott, dessen Form z.B. das Feuer ist und der keine humanoide Form annimmt, würde man nicht unterstellen in irgendeiner Form moralisch sein zu müssen. Was auch bedeutet, dass man sie nicht/nur  schwer beeinflussen kann. Ein Gott in nicht-humanoider Form ist leichter zu fürchten als zu verehren.

Gleichzeitig solltest du aufpassen, welcher Kultur du diese Götter zusprichst. Es ist sehr einfach, eine nicht-menschliche Form der Götter einem „unziviliserten“ Volk zuzuschieben und es dabei zu belassen. Dabei ist es viel interessanter die nicht-humanoiden Götter unter die humanoiden zu mischen und mit dieser Nebeneinanderstellung zu spielen. Was macht es für einen Unterschied, wenn die nicht-humanoiden Götter die „Eltern“ der humanoiden Götter sind? Was wenn es ihr Nachwuchs wäre?
Egal was dein Instinkt bei der Platzierung der nicht-humanoiden Götter wäre, probiere aus, was passieren würde, wenn du genau das Gegenteil davon machst. Ich verspreche dir, dass du auf sehr interessante Gedanken stoßen wirst.

 


Hiermit ist meine Reihe zur Religion erstmal im Groben abgeschlossen. Als nächstes wird es mit der Magie deiner Welt weitergehen, die eng mit deiner Religion verwoben sein kann.

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