[Worldbuilding] Götter selber bauen (Teil 1) – Naturgötter

Weil es schon eine Weile her ist, dass ich zu dieser Reihe etwas gepostet habe, kannst du hier [Religion kurz und kompakt] und hier [Monotheismus und Polytheismus] dein Wissen noch einmal auffrischen, bevor es an die Erstellung eigener Götter geht. Mein Ziel ist es, dass du am Ende dieser mehrteiligen Beitragreihe „Götter selber bauen“ eine gute Vorstellung davon hast, was in polytheistischen Religionen „normal“ ist und du so entscheiden kannst, wie du auf diesem Wissen deine eigenen Götter baust.

Wie viele Götter brauchst du?

Zunächst einmal solltest du dir überlegen, wie viele Götter du haben möchtest. Als Grundregel: Je weniger Götter du hast, desto mehr Aufgaben hat jeder einzelne. Je weniger Götter du hast, desto spezifischer können ihre Aufgabenbereiche sein. Aber schon hier ist Vorsicht geboten: Erschaffe dir so wenig wie möglich, aber so viele wie nötig.
Du musst deine Leser nicht 1.000 verschiedenen Göttern erschlagen, wenn es ein halbes dutzend auch schon tun würden. Vor allem wenn deine Götter selber keine agierenden Figuren sind, sondern nur in Konversationen oder Ausrufen vorkommen, solltest du die Menge der Götter stark einschränken.

Dennoch heißt es nicht, dass es nicht Religionen mit tausenden Göttern gibt. Beispielsweise sind die Listen der alt-ägyptischen oder hinduistischen Götter so lang, dass es sich noch nicht einmal lohnt, sie auch nur ansatzweise aufzuführen. Doch auch dort lässt sich erkennen: Es gibt einige „Haupt“götter, die allgemeiner verehrt werden und somit größere Verbreitung und Bekanntheit erlangt haben.
Mit solchen Unterschieden kannst du natürlich auch in deiner Geschichte spielen.

Gibt es wiederkehrende Muster beim Polytheismus?

Die kurze Antwort – und für eine längere haben wir leider nicht wirklich Zeit – ist ja. Es lassen sich auf jeden Fall Muster erkennen. Im Gröbsten lassen sich die Götter in zwei Themengebiete einteilen: Natur bzw. natürliche Phäomene und Gottheiten, die ich „menschenspezifisch“ nenne.

Natur-Götter schließen alles ein, was es auch ohne den Menschen geben würde, wohingegen die menschenspezifischen Gottheiten sich auf Menschengemachtes beziehen. Das mag im ersten Moment beides etwas abstrakt wirken, aber es wird klar, was ich meine, wenn ich mit den Beispielen anfange.

Natur und natürliche Phänomene

1. Terrain.

Wüste, Wald, Gebirge, Flüsse, Ozeane, Sümpfe, die Möglichkeiten sind endlos. Je nachdem, welche kulturelle Bedeutung die Terrains haben, können sie einen oder sogar mehrere Götter zugewiesen bekommen. Das heißt, es spricht nichts dagegen in einer Seefahrerkultur einen Gott des Meeres und daneben noch einen Gott von Ebbe und Flut zu haben. Die Faustregel: Je mehr ähnliche Götter zu einem bestimmten Konzept, desto größer ist die Bedeutung davon in der Kultur. Oder auch anders herum, je wichtiger ein bestimmtes Kozept für eine Kultur ist, desto mehr Götter wird es dazu geben.
Beispiele für Götter bestimmter Terrains sind z.B. Poseidon und sein römisches Gegenstück Neptun für den Ozean, und der ägyptische Gott Seth für die Wüste.

2. Wetter.

Wettergötter sind in den polytheistischen Kulturen der Welt am häufigsten verbreitet. Tatsächlich ist mir keine polytheistische Religion untergekommen, die keine Wettergötter verehrt. Besonders der Regen steht dabei häufig im Vordergrund (oft gekoppelt mit dem Konzept der Fruchtbarkeit), aber auch die Winde, Stürme, Blitz und Donner, Schnee und Eis können eigene Götter bekommen.
Das Schöne an Wetter-Gottheiten im Allgemeinen ist, dass sie sehr universell sind. Sie sind leicht verständlich, egal wo man herkommt. Jeder weiß was Regen ist. Jeder hat schonmal den Wind gespürt. Und jeder kennt Blitz und Donner. Es gibt tatsächlich so viele von ihnen, dass ich mir noch nicht einmal die Mühe machen werde, auch nur damit anzufangen einige von ihnen aufzuzählen.

3. Himmelskörper.

Eine weitere Gottheit, die ein Muss zu sein scheint, ist ein Sonnengott. Wo Götter von Mond und Sternen meist unwichtiger sind, steht der Sonnengott in vielen, vielen Kulturen sogar an der Spitze seines Pantheons und ist gleichzeitig auch noch Göttervater/-mutter. Das ist auch sehr verständlich. Die Sonne, das wusste man schon sehr früh, schenkt Leben. Da ist es nur natürlich, dass sie einen hohen Stellenwert in der Rangordnung der Gottheiten einnimmt.
Sonnengötter sind zum Beispiel: Helios oder Apollo für die Griechen; Tonatiuh, Teoyaomicqui und Huitzilopochtli für die Azteken (jeder mit leicht anderem Zuständigkeitsbereich); Re (auch: Ra) im alten Ägypten; Amaterasu im japanischen Shinto; Sol, manchmal auch Balder in der nordischen Mythologie und und und. Du siehst: mit einem Sonnengott kannst du nichts falsch machen.

4. natürliche Kozepte wie Fruchtbarkeit, Wachstum oder Tod.

Viel kann man zu diesen etwas abstrakteren Konzepten der Natur nicht sagen, außer dass auch sie in vielen polytheistischen Religionen ihre Götter bekommen. Besonders diese Gottheiten haben oft mehrere Zuständigkeitsgebiete und sind oft an die menschenspezifischen Gottheiten gekoppelt (auf diese beide Dinge gehe ich im nächsten Beitrag mehr ein).

5. noch viel mehr, was mir nicht einfällt.

Natürlich ist diese Liste der natürlichen Phäomene noch lange nicht erschöpft. Gerade wenn du Fantasy schreibst, kann deine Natur unendlich viele Formen annehmen. Fraglich ist auch, ob Magie zu der Natur zählt, wenn in deiner Welt denn auch Magie vorkommt. Lass dich nicht von meinen Kategorien einschränken und denke darüber nach, welche Dinge in der Natur wichtig für deine Menschen wären. Es spricht auch nichts dagegen, wenn Götter bestimmter Tiere existieren, wenn diese Tiere genug kulturelle Bedeutung haben.
Denke auch darüber nach, was den Menschen Angst machen würde. Erdbeben, Feuer oder Heuschreckenschwärme können genausogute Götter liefern, wie alles andere auch. Deine Götter müssen nicht immer „gut“ sein.

Was bei der Erstellung der Götter noch auf dich zukommt

Zu den Naturgötter sei damit erst einmal das meiste gesagt, aber weil das Erklären länger gedauert hat, als ich gedacht habe, möchte ich dir noch einen kleinen Ausblick geben, was in den nächsten paar Beiträgen auf dich zukommt. Zunächst einmal möchte ich dir im Detail erklären, was ich mit „menschenspezifischen“ Göttern meine. Wie wählst du einen passenden und vor allem interessanten „Zuständigkeitsbereich“? Wie kommst du zu schöner Symbolik, heiligen Tieren und Sinnbildern? Und wie können Gebet und Gebetsstätte aussehen? Und am Ende wird es einen Fragenkatalog geben, an dem du dich entlangarbeiten kannst, um deine eigenen Götter zu erstellen.

Ich hoffe, dieser kleine Ausblick macht dir Lust auf mehr!

 


Sobald der nächste Artikel dieser Reihe veröffentlicht ist, werde ich ihn hier verlinken.

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