Wie viel und was in deiner Geschichte beschrieben wird, ist immer eine Frage deiner Präferenz. Manche mögen es minimalistisch. Andere lieben lange und ausführliche Einblicke in die Welt deiner Geschichte. Aber wie weit darf dein Stil gehen? Lenken kreative und außergewöhnliche Beschreibungen ab? Oder können sie einen wichtigen Teil deiner Schreibstimme ausmachen?
Was meine ich mit kreativen Beschreibungen?
Ob eine Beschreibung kreativ ist oder nicht, ist zunächst einmal sehr subjektiv. Deswegen möchte ich den Begriff der kreativen Beschreibung ein bisschen näher definieren:
Eine kreative Beschreibung zeichnet sich dadurch aus, dass sie in ihrer Beschreibung Verbindungen schafft, die ungewöhnlich sind. So eine Verbindung kann z.B. zwischen einem Geräusch und einer Farbe entstehen:
Seine Stimme klickte wie die Beine hunderter schwarzer Käfer.
oder auch ein Bild, das nur in einem losen Zusammenhang steht, zu dem was beschrieben wird:
Seine Zähne waren schief als hätte sie jemand wie Würfel in seinen Mund hineingeworfen und sich nicht die Mühe gemacht, sie zu sortieren.
Das wichtige bei den kreativen Beschreibungen ist hauptsächlich, dass sie ein aussagekräftiges Bild im Kopf entstehen lassen. Ob die Beschreibung an sich Sinn ergibt ist dabei zweitrangig.
Warum solltest du (keine) kreativen Beschreibungen benutzen?
Wahrscheinlich bist du dir nach diesen Beispielen schon sicher, ob du diese Arten von Beschreibungen magst oder nicht. Dennoch möchte ich noch ein bisschen tiefer gehen und erforschen, was die Vor- und Nachteile solcher kreativen Umschreibungen sind.
Die Vorteile
- Teil deiner Schreibstimme.
Wenn deine Schreibstimme sowieso farbenfroh und kreativ ist, dann sollten auch deine Beschreibungen keine Ausnahme sein. Da spricht auch nichts dagegen ein bisschen Kreativität auf deine Beschreibungen zu verwenden. - keine Klischees, nichts ist abgedroschen.
Ein weiterer offensichtlicher Vorteil ist, dass du keinen Klischees zum Opfer fallen kannst. Abgedroschene Redewendungen schaffen es gar nicht in dein Vokabular, weil du an deine Beschreibungen ganz anders herangehst. So bleiben du und dein Leser immer unterhalten. - interessant für den Leser.
Sobald du dich von Klischees und abgedroschenen Redewendungen entfernst wird dein Geschriebenes interessanter. Es zwingt deinen Leser dazu aufzupassen und sich auf deine neuen Erfindungen einzulassen. Und das hebt das Lesen von einem passiven zu einem aktiven Erlebnis.
Die Nachteile
- anstrengend.
Das gilt sowohl für dich, als auch für deine Leser. Es ist anstrengend, sich für jede kleine Beschreibung eine komplett neuartige Formulierung auszudenken. Und als Leser ist es ebenso anstrengend davon zu lesen. Die Beschreibungen können schnell absurd uns weit hergeholt wirken. Deswegen ist es wichtig, dass du sie nur an strategischen Punkten einsetzt. - kann aus dem Lesefluss reißen, wenn Sinnhaftigkeit hinterfragt wird.
Gerade weil es bei den kreativen Beschreibungen eher um das Gefühl geht, das vermittelt wird und nicht um den Sinn der Worte, kann ein etwas rational veranlagter Leser, schnell aus seinem Lesefluss gerissen werden. Um mein Besipiel von oben aufzugreifen: Die Beine von Käfern klicken nicht. Und außerdem wieso musste gesagt werden, dass es die Beine schwarzer Käfer sind. Das macht für das Geräusch sowieso keinen Unterschied. - passt nur in wenige Schreibstimmen.
Auch dieser Punkt ist offensichtlich. Kreative Beschreibungen passen nur in wenige Schreibstimmen und davon abgesehen auch nicht in allzu viele Genres. Es braucht einen charismatischen Erzähler, damit der Leser die Absurdität der Beschreibungen annimmt.
Der Einfluss deiner Schreibstimme
Aber nicht verzagen: Die Bücherwelt ist bevölkert mit außergewöhnlichen Schreibstimmen. Man denke an Autoren wie Terry Pratchett oder Douglas Adams, deren Charme in ihrem einzigartigen Stil liegt. Allerdings ist es nicht einfach, so eine unvergessliche Schreibstimme zu entwickeln. Doch genau diese Schreibstimme ist es, die es dir erlauben wird, kreative und sogar absurde Beschreibungen nahtlos in deine Geschichte einzufügen. Wenn du also kreative Beschreibungen benutzen möchtest, solltest du dich zu allererst damit beschäftigen deine Schreibstimme zu entwickeln.
In meinem Artikel „Wie entwickelst du deine eigene Schreibstimme?“ habe ich mich damit schon auseinandergesetzt. Trotzdem hier einmal die Kurzversion: Deine Schreibstimme wird immer zurückfallen auf deine persönliche Wortwahl, den Rhythmus, den Ton, den Inhalt und deine Erfahrung mit genau diesen Elementen.
Die Frage bleibt also: Passen kreative Beschreibungen zu deiner Schreibstimme? Oder wären sie es wert, deine Stimme dafür zu verändern?
Was hältst du von kreativen Beschreibungen? Magst du sie oder lenken sie dich ab?
Hi Sina, danke für deinen Artikel, er regt sehr zum Nachdenken an. Ich denke aber, man muss diese Kreativität als Autor entwickeln, eben um sich einen Schreibstil anzueignen, der nicht blass ist, sondern deinen Leser fesselt. Auch die Mischung macht es. In Szenen, in denen Spannung wichtig ist, möchte ich vielleicht nicht einmal durch Bilder stören, sondern Geschwindigkeit erzeugen. In anderen Momenten, wo Schwere, Düsternis oder Beklemmung wichtig sind, dann sollten mir schon entsprechende Bilder einfallen. Vielleicht auch komplexere.
Ich habe von einem anderen Autor einen Tipp erhalten: Schreibe die Bücher deiner Lieblingsautoren ab. Wort für Wort. Jeden Tag einfach 500-1000 Wörter. So entwickelst du deinen Stil durch Imitation. Danach erst schreibst du selbst und allein dadurch klingt dein Text schon näher an deinem Ideal.
LG
Patrick
Den Tipp mit den Lieblingsautoren abschreiben habe ich tatsächlich noch nie gehört! Ich glaube, da hätte ich zu viel Angst deren Stil zu kopieren und nie meinen eigenen zu entwickeln 😀 aber ich sehe absolut, was man mit diesem Tipp bewirken möchte.
Natürlich hängt die Art der Beschreibung immer von der Szene ab und diese kreativeren Beschreibungen gehören absolut in eine langsamere Szene. Einfach weil sie ansonsten das Tempo rausnehmen würden 🙂
Freut mich, dass mein Artikel dich zum Nachdenken gebracht hat!