Überarbeiten in 5 Schritten

Sein eigenes Manuskript zu überarbeiten, kann zu einer wahren Sisyphusarbeit werden. Das habe ich selbst bei meinem ersten Manuskript gemerkt. Letztendlich habe ich mich dort bei >20 Überarbeitungsdurchgängen gezwungen aufzuhören. (Meine suboptimale Strategie von damals, kannst du hier nachlesen.) Ich will gar nicht wissen, wie viele Stunden ich dort verschwendet habe. Also habe ich mir für mein nächstes Manuskript eine 5-Schritt-Struktur ausgedacht, mit der ich Zeit spare und hoffentlich ein ähnliches Ergebnis erreiche:

1. Struktur der Geschichte

Unterschätze nicht, was Zeit alles für dein Manuskript tun kann.

Zuerst solltest du deine Geschichte als das betrachten, was sie ist: Eine Geschichte. Deswegen kannst du Grammatik und Rechtschreibung erst einmal übergehen – auch wenn nichts dagegen spricht, Fehler zu korrigieren, wenn du ihnen begegnest – und dich mit der Geschichte als Ganzes beschäftigen.

Wie sieht deine Handlung aus? Gibt es noch Plot Holes, die du ausbessern musst? Passt dein Setting überall? Wie fühlt sich die Spannungskurve an? Schreitet die Geschichte zu schnell voran oder zu langsam? usw.

Was ist mit deinen Figuren? Spielt jede ihre Rolle oder kann jemand gestrichen werden? Sind ihre Motivationen und Ziele nachvollziehbar?

Du siehst: In dem ersten Schritt geht es darum, dich vollkommen auf die Struktur deiner Geschichte zu konzentrieren. Denn wenn du dich an dieser Stelle schon mit Lesefluss und Wortwahl auseinandersetzt, dann wirst du diese Arbeit doppelt und dreifach tun müssen, wenn du noch etwas an der Geschichte änderst. Wenn du also mit der Struktur zufrieden bist, dann ist es an der Zeit, sie zu deinen Alpha-Lesern zu schicken. Ihr Job ist es, sich nur auf die Geschichte und ihre Logik zu konzentrieren. Und ein netter Bonus: Die Zeit die deine Alpha-Leser brauchen, gibt dir den Abstand von deinem Manuskript, den du vor dem nächsten Schritt brauchst.

2. Von Paragraph zu Paragraph

Nachdem du die Anmerkungen von deinen Alpha-Lesern verbaut hast, geht es an den nächsten Punkt: Deinen Schreibstil überarbeiten. In diesem Schritt stellst du sicher, dass nicht nur die Geschichte, sondern auch das Lesegefühl stimmt. Schau auf deine Satzstruktur und deinen Lesefluss.

Ein schönes Zitat von Gary Provost aus seinem Schreitratgeber 100 Ways to Improve Your Writing: Proven Professional Techniques for Writing Ith Style and Power:

“This sentence has five words. Here are five more words. Five-word sentences are fine. But several together become monotonous. Listen to what is happening. The writing is getting boring. The sound of it drones. It’s like a stuck record. The ear demands some variety.
Now listen. I vary the sentence length, and I create music. Music. The writing sings. It has a pleasant rhythm, a lilt, a harmony. I use short sentences. And I use sentences of medium length. And sometimes, when I am certain the reader is rested, I will engage him with a sentence of considerable length, a sentence that burns with energy and builds with all the impetus of a crescendo, the roll of the drums, the crash of the cymbals–sounds that say listen to this, it is important.”
Achte auch auf deine Wortwahl. Dazu zählen Wortwiederholungen und abgedroschene/nichtssagende Wendungen. Wie oft benutzt du Show? Wie oft benutzt du Tell? Und benutzt du diese beiden Strategien an den strategisch richtigen Stellen? Was ist mit den schlimmen, schlimmen Füllwörtern? Um diesen Schritt ein wenig spannender zu gestalten, habe ich übrigens schon die ultimative Technik gefunden.

3. Rechtschreibung und Grammatik

Auch hin und wieder das Medium zu ändern – von digital zu ausgedruckt oder anders herum – kann dir beim Finden von Fehlern finden.

Sobald du diesen Schritt erreicht hast, sollte deine Geschichte mit ihrer Spannungskurve und dem richtigen Lesefluss fest stehen. Das Letzte, was jetzt ab diesem Punkt geschehen sollte, ist, dass du wieder anfängst deine Geschichte zu überarbeiten. Deswegen: Bevor du anfängst, dich mit Rechtschreibung und Grammatk zu schlagen, stelle sicher, dass du an der Geschichte nichts mehr verändern möchtest. Jetzt geht es nur noch um Technik.

Worauf solltest du achten? Punkt- und Kommasetzung, Groß- und Kleinschreibung (besonders die Substantivierung von Wörtern ist eine große Fehlerquelle) und auch alle anderen Kleinigkeiten der Grammatik.

Für die Rechtschreibung habe ich einen Tipp für dich: Lese dein Manuskript rückwärts! So kannst du zwar keine Grammatikfehler finden, aber indem du die Sätze in der falschen Reihenfolge liest, verlieren sie ihren Sinn und dir fallen kleine Buchstabenverdreher viel schneller auf.

4. Ein Kontrollgang

Niemand ist perfekt und deswegen kann auch niemand alle Fehler in einem Durchgang finden. Bevor du dich also auf einen Kontrolldurchgang durch deine Geschichte begibst, solltest du wieder ein wenig Abstand von deinem Buch gewinnen. Eine super Gelegenheit, um die Geschichte zu deinen Beta-Lesern zu schicken! Die Aufgabe deiner Beta-Leser ist es, deine Geschichte sowohl auf ihre Handlung, als auch auf ihre Grammatik und Rechtschreibung zu prüfen.

Bei deinen Kontrollgängen darfst du nicht den Überblick verlieren. Gehe mit einem Plan an dein Manuskript heran.

Sobald du dein Manuskript zurückbekommen hast, kannst du die Anmerkungen implementieren und in einem letzten Kontrolldurchgang Schritt 2 und 3 wiederholen. So gehst du sicher, dass du die Zahl deiner schnell getippten Fehler minimierst.

In meiner Erfahrung ist es dieser Kontrollgang, der am Längsten dauert und bei dem man auch am meisten Gefahr läuft, sich in einer Spirale aus Korrekturgängen zu verlieren. Deswegen mein Tipp: Lege dir vorher fest, wie oft du Schritte 2 & 3 wiederholen möchtest. Ich würde etwa so zählen: 1 mal, um die Anmerkungen meiner Beta-Leser zu implementieren, 1 mal für Lesefluss und 2 mal für Rechtschreibung und Grammatik. Insgesamt also viermal. Diese Zahl kann aber je nach Anzahl der Beta-Leser und Gründlichkeit der ursprünglichen Durchgänge angepasst werden.

5. Format

Zu letzt bleibt dir nur noch, dein Manuskript äußerlich zu überarbeiten. Achte dabei auf angenehme Absatzlängen. Ich bekomme jedes Mal Kopfschmerzen, wenn ich in einem Buch eine Seite finde, die keinen einzigen Absatz hat. Ähnlich seltsam sehen Absätze aus, die nur aus einem einzigen (kurzen) Satz bestehen, vor allem wenn sich dieser Stil über mehrere Seiten zieht und deiner Geschichte eher das Aussehen eines Gedichts gibt.

Du solltest auch auf die Länge deiner Kapitel achten. Wie lang du sie magst, ist eine sehr subjektive Entscheidung, aber ich rate dazu, sie alle von ähnlicher Länge zu haben, damit sich deine Leser an einen Rhythmus gewöhnen können.

Ein paar letzte Worte zum Überarbeiten

Auch wenn ich den Überarbeitungsprozess hier so schön auf 5 Schritte eingeteilt habe, funktioniert das beim Überarbeiten selten so sauber. Ich korrigiere auch schon bei Schritt 1 die Rechtschreibung und auch im letzten Schritt kann es passieren, dass mir noch ein Plot Hole auffällt. Das Wichtige ist, dass du bei jedem Überarbeitungsdurchgang genau weißt, wo dein Fokus liegt. Denn das bewirkt, dass du bei dem gesamten Prozess den Fokus behältst. Und das hilft dir wunderbar dabei Zeit zu sparen.

 


Wie überarbeitest du deine Geschichten?

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