3 Dualitäten, die zu spannenden Geschichten führen

Schon als Kinder werden wir in Märchen mit Dualitäten konfrontiert, die in vielen Fällen den Kern der Geschichten ausmachen. Die bekannteste von ihnen ist wohl Gut und Böse. Auf welcher Seite der Protagonist stehen soll, ist klar. Aber gerade dieses offensichtliche Schwarz und Weiß macht es auch langweilig. Wenn du aber nicht über Gut und Böse schreiben möchtest, worüber dann? Wie wird deine Geschichte moralisch herausfordernd?

Ich habe für dich drei weitere Gegensätze zusammengestellt, die zu spannenden – und vor allem moralisch uneindeutigen – Geschichten führen können.

Wie sehen gute Dualitäten aus?

Bevor ich damit anfange, diese Gegensätze vorzustellen, möchte ich erklären, wie ich zu dieser Auswahl gekommen bin.

  1. Keine klare Antwort.
    Das wichtigste an diesen Gegensätzen ist, dass es keine eindeutige moralische Antwort gibt. So gibt man dem Leser den Freiraum, sich selbst Gedanken zu machen. Und, wie ich immer wieder betone, ist es nur von Vorteil, wenn du den Leser zum Nachdenken bringst. Auf der anderen Seite gibt es dir als Autor die Möglichkeit, deinen Protagonisten fragwürdige Entscheidungen treffen zu lassen. Ohne dass der Leser ihn gleich verurteilt.
  2. Spielraum.
    Die Gegensätze sollten Recht vage formuliert sein. „Gut und Böse“ sind so uneindeutig wie es nur geht, deswegen passen auch so viele Geschichten zu dieser Dualität. Mein persönlicher Messwert: Wenn mir zu einem Gegensatz in jeden mir bekannten Genre mindestens ein möglicher Plot einfällt, dann bin ich auf dem richtigen Weg.
  3. Aktuell.
    Bücher sind Zeugen ihrer Zeit. Menschen lesen (und schreiben) von Dingen, die sie aktuell beschäftigen. Deswegen gibt es zum Beispiel so viel kriegskritische Literatur nach den Weltkriegen. Solltest du es also schaffen, aktuelle Themen in deiner Geschichte anzusprechen, dann wird sich dein Leser noch mehr in deine Geschichte hineinfühlen können.

1. Freiheit und Sicherheit

Wie viel Freiheit bist du bereit aufzugeben, damit du sicher bist? Anarchie würde dir maximale Freiheit geben, aber es gäbe keine Institution und keine Gesetze mehr, die dir Sicherheit garantieren könnten. Im anderen Extrem gibt es absolute Sicherheit, weil jeder Mensch bis in das kleinste Detail kontrolliert wird, aber damit verliert er seine Freiheit. Offensichtlich sind beide Extreme nicht erstrebenswert. Trotzdem findet jeder Mensch auf der Skala zwischen Anarchie und vollständiger Kontrolle an unterschiedlicher Stelle wieder. Also perfekt, um es als Thema für eine Geschichte zu nehmen.

Gerade in unserer heutigen Gesellschaft wird viel Wert auf die individuelle Freiheit gelegt. Man hat die Wahl, was man Studieren, Arbeiten oder Erleben möchte und man sucht sich seinen eigenen Partner. Früher, besonders zu Zeiten ziviler Unsicherheit, verschiebt sich die allgemeine Wahrnehmung und die Menschen sind bereiter, einige ihrer Freiheiten aufzugeben.

Privatsphäre und Offenheit

Eine Unterart der Freiheit-vs-Sicherheit-Frage, die besonders in unserer Zeit von immer größerer Bedeutung wird, ist die Frage von Privatsphäre und der Offenlegung der eigenen Person/Daten. Ich sage nur Big Brother is watching you. Der Fokus liegt hier mehr auf der gedanklichen Freiheit und dem Erhalt des Selbst.

2. Egoismus und Altruismus

Egoismus = Selbstsucht, Ichsucht, Eigenliebe (Duden); Altruismus = selbstlose Denk- und Handlungsweise; Uneigennützigkeit (Duden)

Zunächst möchte ich Eines betonen: Egoismus ist nicht unbedingt etwas Negatives. Wie jede andere Charaktereigenschaft kann er schädigend sein, wenn er im Überfluss vorhanden ist, aber eine gesunde Prise Egoismus ist wichtig für ein erfülltes Leben. Doch auch Egoismus und Altruismus befinden sich an unterschiedlichen Enden einer Skala.

Wie würde ein Konflikt zwischen Egoismus und Altruismus aussehen? In dem dramatischsten Fall: Würde dein Protagonist sich selbst (oder einen geliebten Menschen) opfern, um eine andere Gruppe Menschen zu retten? Wahrscheinlich gibt es da keine einfache Antwort und gerade das ist es, was diese Frage so spannend macht.

Doch ganz so offensichtlich und eindeutig muss deine Geschichte gar nicht sein. Oft drehen sich Geschichten, die Egoismus und Altruismus zum Thema haben, um die Gesellschaft und wie das Individuum zu ihr steht. Wichtiger als die Frage nach dem wie, ist an dieser Stelle meist die Frage nach dem warum.

3. Tradition und Fortschritt

Eine kleine Geschichte. 2011 war ich für ein Austauschjahr in Amerika und habe dort bei einer Gastfamilie gelebt. In dem Jahr ist viel passiert und ich habe viel erlebt, aber eine Erkenntnis, die mir erstaunlich deutlich im Gedächtnis geblieben ist, war die Werbung im Fernsehen. Zuerst wusste ich nicht, warum sich die Werbung in Amerika so anders angefühlt hat als hier in Deutschland, aber dann kam mir die Erleuchtung.

In Deutschland liegt der Fokus in vielerlei Hinsicht auf Tradition. Lindt seit 18-was-weiß-ich. Extra Rabattaktionen für 25-, 50- oder 70-jähriges Bestehen eines Unternehmens. Der Gedankengang: Wenn das Geschäft schon so lange existiert muss es einen Grund dafür geben, das heißt es muss gut sein.
In Amerika lag der Fokus auf dem Fortschritt: Neuste Technologien, schnellere Software. Jedes halbe Jahr waren die Technologien schon veraltet. Der Gedankengang: Wir wissen in der Gegenwart mehr als die Leute damals. Deswegen ist Neueres besser.

In beiden Ansätzen liegt ein Stück Wahrheit.

In Geschichten, die Tradition und Fortschritt thematisieren, geht es meist weniger um technologischen Fortschritt sondern um kulturellen. Wie wichtig ist es, Traditionen am Leben zu halten? Müssen/Sollten sie unter allen Umständen bewahrt werden? Was, wenn sie schädlich sind? Wer darf/soll die Traditionen am Leben erhalten? Dürfen sich Kulturfremde dabei einmischen? Das sind alles Fragen, die zu spanneden Konflikten führen können.

Zum Abschluss

Wenn du Fragen stellst, auf die du die Antworten schon kennst, dann wird sich dein Leser langweilen.

Trau dich in unerforschte Gefilde und scheue dich nicht davor, unangenehme Fragen zu stellen. Das Wundervolle daran: Du brauchst am Ende keine eindeutige Antwort zu liefern. Du bekommst in deiner Geschichte die Möglichkeit, deine Fragen zu stellen, mögliche Antworten zu erforschen und den Leser seine eigenen Antworten finden zu lassen, ganz unabhängig davon, was deine Figuren entscheiden.

 


Schreibst du deine Geschichten mit einem übergreifenden Thema? Ich freue mich über Kommentare!

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