[Worldbuilding] Deine eigene Sprache – Satzbau und Satzzeichen

Beim letzten Mal haben wir es (endlich) geschafft, die Schrift für eine eigene Sprache zu Ende zu entwickeln. Wenn du dir das ganze nochmal durchlesen möchtest, bevor es mit der Grammatik weitergeht, kannst du hier die Vorbereitung, die Phonologie, die Entwicklung der Schrift, das Alphabet und die Romanisierung nachlesen. Jetzt beginnen wir ein neues Thema: Den Satzbau.

Durch Ähnlichkeiten zu anderen Sprachen kannst du Assoziationen hervorrufen. Denke also gut nach, wenn du deine grammatischen Entscheidungen triffst.

[Disclaimer: Ich wiederhole noch einmal meinen Hinweis vom Anfang der Serie. Ich bin kein Sprachwissenschaftler. Alles, was ich hier schreibe, habe ich mir selbst erarbeitet und ist möglicherweise nicht ganz korrekt. Trotzdem versuche ich, alles so richtig und einfach wie möglich zu erklären.]

Der Satzbau

Bevor du mit deiner Grammatik anfängst, ist es hilfreich, sich Gedanken über den Satzbau zu machen. Wenn du über den Satzbau nachdenkst, stell ihn dir als Gerüst für deine Sprache vor, den du mit Grammatik befüllen kannst. Ganz so einfach ist es zwar nicht, aber es ist ein hilfreiches Bild für den Anfang.

Zuerst soll es genügen, dich mit den Grundbausteinen des Satzes zu beschäftigen: dem Subjekt (S), dem Objekt (O) und dem Verb (V). Ganz mathematisch betrachtet hat ein Satz mit diesen drei Komponenten sechs verschiedene mögliche Reihenfolgen.

  1. Subjekt – Verb – Objekt (SVO) „Emma liest ein Buch.“
    Die Wortstellung SVO wird dir wahrscheinlich am vertrautesten sein, denn es ist die Wortreihenfolge in Englisch, Spanisch, Französisch und vielen mehr. Aber schon direkt am Anfang möchte ich einige Hinweise geben. Nur weil SVO die vorherrschende Wortstellung z.B. im Deutschen ist, heißt es nicht, dass es nicht Ausnahmen gibt. Nebensätze haben die Reihenfolge SOV und es ist ebenfalls möglich, wenn auch ungewöhnlich, einen Satz mit dem Objekt zu beginnen.
    Was ich damit sagen möchte: Nur weil du dich für eine Wortstellung entscheidest, heißt es nicht, dass du sie zu 100% befolgen musst. Ausnahmen gibt es immer und sie machen deine Sprache lebendiger.
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  2. Subjekt – Objekt – Verb (SOV) „Emma ein Buch liest.“
    Die Wortstellung SOV ist in den natürlich entstandenden Sprachen (d.h. Sprachen ohne äußere Planung) diejenige, die am häufigsten vorkommt. Wenn du also eine natürlich Sprache imitieren möchtest, dann ist es sinnvoll auf die SOV Wortstellung zurückzugreifen. Bekannte Beispiele sind Latein, Mongolisch, Japanisch und Türkisch.
    Fun Fact: Wenn ein sprechender Mensch auf Gebärdensprache zurückfällt (und damit meine ich provisorische Gebärdensprache und nicht die offizielle) ist SOV zu 90% die Satzstellung, die gewählt wird. Der Satz wäre „Du öffnest die Tür.“? Der Sprecher zeigt zuerst auf den Gegenüber, dann auf die Tür und macht dann die Bewegung zum öffnen.
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    Satzbau ist nur der Anfang. Um eine eigene Grammatik zu erstellen, musst du dir viele Gedanken machen.
  3. Verb – Subjekt – Objekt (VSO) „Liest Emma ein Buch.“
    Die Wortstellung VSO wird im Deutschen für Fragesätze benutzt und wird deswegen für dich nur langsam ihren fragenden Klang verlieren. Trotzdem ist sie nach der SVO und SOV Wortstellung die am weitläufigsten verbreitete Form der Satzstellung. Zu finden ist sie z.B. in Standard-Arabisch, Irisch und Hawaiisch.
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  4. Verb – Objekt – Subjekt (VOS) „Liest ein Buch Emma.“
    Beispielsprachen für die Wortstellung VOS wären Alt-Javanisch, Fidschianisch und diverse Sprachen der Maya. Hier gibt es nicht viel zu sagen. Viele dieser Sprachen werden nicht mehr und nur von wenigen gesprochen und damit ist VOS eine der selteneren Satzbauweisen.
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  5. Objekt – Verb – Subjekt (OVS) „Ein Buch liest Emma.“
    Die meisten Sprachen mit einer OVS Wortstellung werden im Amazonasbecken gesprochen. Trotzdem ist der bekannteste Vertreter dieses Satzbaus die ausgedachte Sprache Klingonisch aus dem Star Trek Universum.
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  6. Objekt – Subjekt – Verb (OSV) „Ein Buch Emma liest.“
    Die OSV Wortstellung kennst du wohl am ehesten von  Yoda. Tragisch aber wahr. Doch das ist nicht willkürlich gewählt. OSV ist sehr selten und wird wegen ihrer Fremdartigkeit gerne in ausgedachten Sprachen benutzt. Das sollte dir bewusst sein, wenn du Ähnlichkeiten zu anderen ausgedachten Sprachen umgehen möchtest. Echte Beispiele der OSV Wortstellung sind zu finden in Brasilien, in den Sprachen Xavante, Jamamadi und Kayabí.
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  7. Freie Satzstellung.
    Natürlich musst du dich an keine einzige dieser Grundwortstellungen halten. Du brauchst theoretisch noch nicht einmal feste Regeln für deinen Satzbau. Wichtig ist dann aber im Weiterentwickeln der Sprache, dass du sehr präzise und eindeutige Grammatik verwendest, damit du die verschiedenen Satzteile auseinanderhalten kannst. Die Freie Satzstellung wird dir in der weiteren Grammatik die meiste Arbeit machen.

Was sagt die Wortreihenfolge über deine Sprache aus?

Sprache und Kultur lassen sich nicht voneinander trennen. Sie werden sich immer gegenseitig beeinflussen.

Eine spannende Frage ist, was man über Sprachen alleine durch ihren Satzbau aussagen kann. Rein äußerlich betrachtet lässt sich sagen, dass das erste Wort im Satz meist das Wichtigste ist und somit zeigt die Satzreihenfolge, wo im Allgemeinen der Fokus liegt. Bei VOS läge der Fokus auf der Handlung, bei SOV auf dem Handelnden.
Das zweitwichtigste Wort des Satzes, ist das Letzte, weil es dem Zuhörer am klarsten im Gedächtnis bleibt. Alles was dazwischen passiert, ist zwar wichtig für den ultimativen Sinn des Satzes, aber darauf liegt nicht der Fokus.

Und mit „Wort“ meine ich in diesem Absatz die „Wort-Sinneinheit“. In dem Satz Der Hund frisst sein Futter. ist nicht Der das erste Wort sondern Der Hund. Das wollte ich nur einmal erwähnt haben, bevor sich irgendwer beschwert. 😉

Das heißt aber nicht, dass du eine VOS oder VSO Struktur wählen musst, wenn du in deiner Sprache den Fokus auf das Handeln legen möchtest. Aber es ist immer gut, sich klar zu machen, dass du deiner Sprache allein durch ihren Satzbau einen versteckten Hinweis auf die Werte der Kultur geben kannst.

Die Satzzeichen

Satzzeichen sind erst einmal für nichts anderes da, als deine Sätze in verständliche Häppchen zu unterteilen und Sinnpausen anzuzeigen wie zum Beispiel das Ende eines Satzes. Wer kennt nicht die kurze Geschichte von einem König, der einen Verurteilten von seiner Strafe befreien wollte und deswegen die Nachricht „Ich begnadige ihn nicht hängen!“ schickte. Der Henker vollstreckte die Strafe, weil er die Nachricht als „Ich begnadige ihn nicht [Komma] hängen!“ las, obwohl der König „Ich begnadige ihn [Komma] nicht hängen!“ meinte.

Satzzeichen retten leben und so.

Du solltest in deiner Sprache also Möglichkeiten haben, solche Arten der Ambivalenz aus dem Weg zu räumen. Das kann mit Hilfe von Satzzeichen geschehen, kann aber auch durchaus anders gelöst werden, z.B. durch Hilfswörter, Zeilenumbrüche oder Groß- und Kleinschreibung.

Abhängig von der Art deiner Sprache solltest du entscheiden, ob und welche Satzzeichen du brauchst. Und vergiss nicht, dir auch den Satzzeichen eigene zu deiner Schrift passende Formen zu geben. Ein plötzliches „normales“ Komma inmitten von ausgedachten Runen kann ein wenig seltsam aussehen.

Ein Hinweis zum Abschluss

Bei der Entwicklung der Grammatik (und deswegen auch schon beim Satzbau) ist es wichtig, flexibel zu bleiben. Es ist gut, wenn du schon eine genaue Vorstellung hast, wie deine Sprache klingen und funktionieren soll, aber versuche dich nicht allzu sehr auf *eine* Möglichkeit festzufahren. Manchmal musst du früher getroffene Entscheidungen umwerfen und Sachen neu sortieren.
Solltest du dir also für deine Sprache beispielsweise einen SOV-Satzbau aussuchen und im späteren Verlauf merken, dass diese Art von Organisation nicht funktioniert, dann ist es nicht schlimm, die Sprache zu ändern.

Bei der Sprachentwicklung geht es vor allem ums Ausprobieren.

 


Satzbau und Satzzeichen sind abgehakt. Beim nächsten Mal kümmern wir uns um die Nomen und alles was dazu gehört.

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