[Worldbuilding] Deine eigene Sprache – Die Vorbereitung

Beim letzten Mal habe ich erklärt, wie du am besten die Orte auf deiner Karte benennst [Realistische Namen für Stadt, Land und Fluss]. Mein letzter Hinweis war, dass du dir, um die Namen einheitlich zu gestalten, Gedanken über die Sprache(n) machen solltest, die in deiner Welt gesprochen werden.

Bevor ich auch nur anfange über Sprachen zu reden, möchte ich Eines betonen: Ich bin kein Sprachwissenschaftler. Alles, was ich euch hier „sprachwissenschaftlich“ erkläre, habe ich mir selbst erarbeitet oder basiert auf vermeintlich logischen Schlussfolgerungen. Ich kann nicht aussschließen, dass sich hier Fehler einschleichen. Trotzdem kann ich dir hoffentlich einige hilfreiche Ansätze liefern.

Warum eine eigene Sprache?

Die wichtigste Frage, die du dir vor dem Erstellen deiner Sprache stellen solltest: Warum willst du eine eigene Sprache entwickeln? Und ist es überhaupt notwendig? In Büchern Fremdsprachen darzustellen, vor allem wenn sie von dem Protagonisten nicht verstanden werden, ist immer schwierig. Entweder gibt es sofort eine Übersetzung von einer anderen Figur oder sie klingt nach Kauderwelsch und wird nicht weiter erklärt.
Warum machst du dir also die Arbeit?

  1. Neugier.
    Du hast noch nie eine eigene Sprache erstellt oder dich mit dem Thema auseinander gesetzt und das Geschichtenschreiben ist eine wunderbare Ausrede, dich neuen Dingen zuzuwenden. Daran ist per se nichts falsch, aber sei dir bewusst, dass das Entwickeln einer Sprache sehr viel Zeit kostet, und dich vom Beenden deiner Geschichte abhält, wenn dein Fokus auf dem Schreiben liegt.
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    Wenn du wie ich von Perfektionismus getrieben bist, dann weißt du ganz genau, warum du eine ganz eigene Sprache brauchst. Halbe Sachen gehen nicht.
  2. Perfektionismus.
    Das ist wohl die Kategorie, dich mich am besten trifft. Mir reicht es nicht, „nur“ einzelne Phrasen und Wörter zu basteln. Nein, ich brauche die ganze Sprache. Das geschieht bei mir unter dem Vorwand, dass ich dann das Gesagte im Text „einfach“ und vor allem „richtig“ anpassen kann, falls sich der Dialog ändert. Das ist aber nur eine dünne Ausrede. Ich kann es einfach nicht mit mir vereinbaren, etwas „unfertig“ stehen zu lassen.
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  3. Für die Geschichte.
    Die Sprache ist/wird ein Fokuspunkt in deiner Geschichte und muss für dich verständlich und flexibel sein. Da ist es pracktisch, wenn du sie von Anfang an vollständig ausgearbeitet hast.

Wie viel Sprache brauchst du?

In 99% der Fälle reicht es, wenn du dir einzelne Wörter und Phrasen in der neuen Sprache ausdenkst, á la Hakuna Matata. Der Begriff Hakuna Matata kommt zwar aus einer echten Sprache, aber diese Sprache wird ansonsten nicht wieder aufgegriffen. Der Begriff wird erklärt und die Geschichte geht weiter. Eine komplette Sprache ist Arbeit, die deine Leser nicht sehen werden, und deswegen meistens unnötig.

Die Vorteile einer kompletten Sprache
Wenn du eine komplette Sprache entwirfst, dann bist du deutlich flexibler, was ihre Anwendung in deinem Buch angeht. Du möchtest schnell ein bisschen Dialog ändern oder sogar ein Gedicht oder ein Lied auf dieser Sprache verfassen? Das wäre ohne Probleme möglich. Außerdem wird sich deine Sprache natürlicher anfühlen, als einzelne eingestreute Phrasen und Wörter.
Und nicht zu vergessen: Du kannst behaupten, eine eigene Sprache entwickelt zu haben. Ich weiß nicht, wie du es siehst, aber eine eigene Sprache war für mich immer ein Zeichen dafür, dass es sich um ein großes und wichtiges Fantasy-Werk handelt.

Die Nachteile einer kompletten Sprache
Es gibt eigentlich nur einen Nachteil, aber der ist nicht zu unterschätzen. Zeit. Du kannst zwar die Basis für eine Sprache in wenigen Wochen legen, aber damit sie sich echt und vollständig anfühlt, kannst du mindestens Monate aber eher noch Jahre brauchen.

Wie viel Sprache ist also nötig? Ich habe bei meinen Sprachen bisher einen halb-realistischen Ansatz gewählt. Soll heißen: Ich habe Phonologie und Grammatik zusammengestellt und mir dann genau die Vokabeln dazu ausgedacht, die ich brauchte. Ich habe also keinen vollständigen Duden für meine Sprache sondern ein Gerüst, in das ich meine Vokabeln einspeise. Und das hat bisher für meine Ansprüche genügt.

Was braucht deine Sprache?

Auch wenn ich dir von Anfang an das richtige Werkzeug in die Hand gebe, wirst du dennoch einige Versuche brauchen, bis etwas Sinnvolles dabei herauskommt.

Als ich an meiner ersten Sprache gebastelt habe, war ich überrascht, wie wenig ich zu tun hatte. Und dann war ich überrascht, wie lange das gedauert hat. Im Grunde brauchst du nämlich nur 5 Dinge: Phonologie, Romanisierung, Grammatik, Satzbau (eigentlich Teil der Grammatik, aber wichtig genug für einen eigenen Punkt) und Vokabeln. Optional, wenn du dir zusätzliche Gedanken machen möchtest oder du einfach nur Spaß daran hast, kannst du dir auch noch eine eigene Schrift und Redewendungen ausdenken.

Welche Reihenfolge sinnvoll?

Über die optimale Reihenfolge für das Erstellen einer Sprache lässt sich streiten, aber ich habe einen Ablauf gefunden, der für mich gut funktioniert. Zuerst überlege ich mir, wie die Sprache klingen soll. Danach kann ich mich an ein Alphabet und seine Romanisierung (= die Darstellung im lateinischen Alphabet) setzen. Dann Satzbau, dann eine handvoll Vokabeln. Dann die Grammatik, die ich mit den Vokabeln ausprobieren kann.
Danach wird angepasst und geändert. Was funktioniert, was nicht? Dieser letzte Schritt wird ungefähr (und das ist leider keine Übertreibung) zwanzig Mal wiederholt und dann nimmt die Sprache langsam Form an. Fertig ist sie zwar lange nicht, aber sie funktioniert.

Aber wie das genau funktioniert, darum kümmern wir uns beim nächsten Mal. Über die nächsten paar Artikel hinweg werde ich eine Beispielsprache erstellen, an der ich all meine Strategien und Tipps demonstriere.

 


Hast du dir schon einmal eine Sprache für eine deiner Geschichten ausgedacht? Wie bist du dabei vorgegangen?

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