[Worldbuilding] Eine Landkarte für deine Welt (Teil 1)

Beim letzten Mal hast du gelernt, wann und ob es sich für dich lohnt eine Landkarte für deine Geschichte zu malen [Die Geographie deiner Welt]. Allerdings habe ich nicht erklärt, wie du am besten vorgehst, wenn du eine Landkarte zeichnen möchtest. Darum kümmern wir uns in diesem Beitrag.
Landkarten zeichnen macht unglaublich Spaß und ich habe schon in meiner Freizeit viele fremde Welten entworfen. Die Ergebnisse reichten von vollkommen absurd zu halbwegs realistisch, aber ich hatte nicht eine Sekunde, in der ich meinen Zeitaufwand bereut habe. Man könnte das Landkarten-Zeichnen schon fast ein eigenständiges Hobby von mir nennen. So habe ich meine eigenen Abläufe entwickelt, die dir hoffentlich auch weiterhelfen werden.

Im weiteren Verlauf erkläre ich euch die Theorie, die hinter dem Entwickeln einer Landkarte stecken kann. Um Beispiele für verschiedene Designmöglichkeiten zu sehen, werde ich immer wieder Links zu meiner Serie über das Malen von Landkarten setzen.

Bevor du anfängst

Auch beim Erstellen von Landkarten ist Recherche ein wichtiger Schritt.

Bevor du den Stift auf das Papier setzt, solltest du dir ein paar Gedanken machen. Wie viel Zeit möchtest du investieren? Welchen Stil sollte die Landkarte haben? Möchtest du sie in Farbe oder in schwarz-weiß? Malst du sie nur für dich oder für deine Leser? Welchen Ausschnitt deiner Welt möchtest du zeigen? Wie realistisch soll sie sein?

Wenn du gerade vor deiner ersten Landkarte sitzt, dann rate ich dir unbedingt, Google zu bemühen und nach Fantasy-Landkarten zu suchen. Gute Kandidaten sind Herr der Ringe, die Chroniken von Narnia und Game of Thrones, für einen ersten Einblick in die Klassiker. So kannst du dir einen Überblick verschaffen, was für Stile es gibt, und du kannst schon erste Entscheidungen treffen, welche Details du von wo übernehmen möchtest.
Wenn du die realistische Route nehmen möchtest, ist jetzt auch der Zeitpunkt, an dem du die Plattentektonik deiner Welt baust und dementsprechend die Orte von Gebirgen, Vulkanen usw. markierst.

Mein wichtigster Tipp an dieser Stelle:

Sei offen für Veränderungen! Es wird dir im Laufe der Entwicklung häufig passieren, dass die Ideen, die du am Anfang hattest, nicht umsetzbar sind (sei es wegen Klima, Zeichenkünsten oder anderem). Aber das ist nicht schlimm. Wenn du das Zeichnen als einen dynamischen Prozess betrachtest und nicht von Anfang an ein festes, unumstößliches Bild im Kopf hast, wirst du am Ende glücklicher mit dem Ergebnis sein.
Eine grobe Idee ist aber auf jeden Fall hilfreich.

Die Form

Die nördliche Küstenlinie von Kanada. Ein wunderbares Beispiel für ausgefallene Land-Wasser-Grenzen.

Am einfachsten ist das Zeichnen von Landkarten, wenn du von außen nach innen vorgehst. Von den größten Merkmalen zu den kleinsten Details. Deswegen solltest du auch mit der Form anfangen. Entwerfe zuerst die Küstenlinie (wie das genau geht, kannst du hier nachlesen). Auch hier lohnt sich Recherche, denn schon bei der Küstenlinie kann man allerlei Details einbauen, die zwar akut keine Auswirkungen auf deine Geschichte haben, aber das Sahnehäubchen auf deinem Entwurf sein werden.

Wenn du dir als Beispiel die nördliche Küste Kanadas anschaust (Bild), wird dir auffallen, dass sie ziemlich „zerpflückt“ aussieht. Es gibt viele tiefe und unregelmäßige Einbuchtungen, viele Inseln, insgesamt ein sehr einzigartiges Aussehen. Aber wie kommt es zustande? Warum sieht die Küste Kanadas so aus?
Die kurze Antwort: Gletscher.

Das Wasser, das von den Gletschern abfließt, hat mit der Zeit tiefe Furchen in das Land gegraben und der Küste sein Aussehen verpasst. (Eigentlich ist das eine ganze Ecke komplexer, aber diese kurze Erklärung soll genügen.)
Wenn du deine Landkarte für eine bestimmte Klimazone malst, dann such dir Beispiele aus der echten Welt und finde heraus warum die Küste so aussieht, wie sie es tut.

Ein „Fehler“, den frische Landkarten-Maler gerne machen, ist, dass ihre Kreation nur eine neue Version unserer Welt ist. Das ist gar nicht schlimm, wenn es absichtlich passiert, aber es ist schade, wenn es in deine ganz eigene Welt rutscht.

Landkarte
Gefunden auf reddit von dem User Sgt_Hatred5263. Eine gewisse Ähnlichkeit zu Europa lässt sich nicht bestreiten.

Mir ist dasselbe bei einem eigenen Projekt passiert. Über 40 Stunden hatte ich schon in die Landkarte gesteckt, bis mir aufgefallen ist, dass ich Australien gemalt hatte. Ich hatte diese Insel sogar in meiner Geschichte auf die Südhalbkugel gepflanzt. Und es ist mir nicht aufgefallen. Sowas nennt man Betriebsblindheit.

Meine Tipps für die Form deiner Länder:

Bemühe dich um eine einzigartige Form, die am besten kein Abklatsch der Kontinente unserer Welt ist. Das macht deine Welt zwar fremdartiger, hilft aber, den Leser ganz in deine Welt zu transportieren.
Und betreibe Recherche, wo es nur geht. Es sind die Details, die deine Welt zum Leben erwecken werden.

Berge und Gebirge

Das nächstgrößere Merkmal, das du zu deiner Landkarte hinzufügen solltest, sind Berge und Gebirge. Falls du schon in der Vorbereitungsphase deine Plattentektonik entworfen hast, ist dieser Schritt sehr einfach und beläuft sich im Grunde nur noch auf das Zeichnen (wie das funktioniert, lernst du hier).

Falls du nicht mit den tektonischen Platten arbeitest, aber ansonsten relativ offen dafür bist, wo die Berge hinsollen, dann gebe ich dir hier ein paar Gedankenanstöße:

  1. Berge sind natürlich Grenzen.
    Wenn du plotbedingte Trennungen von Völkern und Kulturen haben möchtest, eignen sich Berge hervorragend. Es dauert lange, um sie zu umrunden oder zu überwinden und oft reicht diese zeitliche Trennung aus, um auf unterschiedlichen Seiten eines Gebirges sehr unterschiedliche Kulturen entspringen zu lassen.
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  2. Berge und ihre Symbolik.
    Normalerweise werden Berge unter zwei verschiedenen Aspekten betrachtet. Zum einen ist da die Nähe zu Gott oder den Göttern (man denke an Moses und die zehn Gebote, den Olymp oder einfach nur die Existenz des Gipfelkreuzes). Das Erklimmen eines Berges bedeutet also Aufstieg, vielleicht sogar Reinigung und geistige Erleuchtung. Zum Anderen werden Berge als unumstößlich betrachtet. Sie sind fest und unbeweglich, noch nicht einmal die Zeit kann ihnen etwas anhaben.
    Natürlich tragen Berge noch mehr Symbolik, aber die Nähe zu Gott und ihre unumstößliche Existenz sind wohl die am weitesten verbreiteten.
    Behalte das im Hinterkopf, wenn du sie irgendwo auf deiner Landkarte platzierst. Vielleicht kannst du ihnen diese Symbolik ja auch zuschreiben.
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  3. Berge und Klima.
    Berge ragen hoch in die Atmosphäre auf und das führt häufig zu folgendem Phänomen: Viele Wolken regnen auf einer Seite der Berge ab und die andere Seite bekommt kaum/sehr viel weniger Wassser. So entstehen große klimatische Unterschiede zwischen beiden Seiten der Berge. Sie sind für deine Landkarte also eine super „Ausrede“, um auf einer Seite eine Wüste entstehen zu lassen.
    Mit einer strategischen Platzierung deiner Berge kannst du also klimatische Unterschiede zwischen ansonsten sehr nahen Gebieten begründen.
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Forsetzung folgt

An dieser Stelle endet Teil 1 des Landkarten-bauens. Nächste Woche geht es weiter mit dem zweiten Teil. Da spreche ich über Flüsse, Seen, Wälder, Wüsten und andere Terrains, die für dich interessant sein könnten.

 


Ich hoffe, der erste Teil dieses Artikels hat euch gefallen. Über Kommentare freue ich mich riesig.

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2 Replies to “[Worldbuilding] Eine Landkarte für deine Welt (Teil 1)”

  1. Kerstin Cornils says:

    Spannendes Thema. Ich habe zwar kein Händchen für Fantasy Romane, möchte aber für meine Reisetagebücher meine Routen zeichnen. Da fand ich deine Tipps sehr hilfreich. Ich stöbere jetzt noch ein bisschen auf deiner Seite.

    LG Kerstin

    Antworten
    1. Sina Bennhardt says:

      Freut mich, dass ich dich inspirieren konnte!
      Viel Spaß beim Stöbern!!

      Antworten

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