Die Trennung von Kunst und Künstler – Der Autor im Fokus

Künstler sind Menschen. Dazu gehört auch, dass jeder von ihnen eine eigene Meinung hat und diese auch entsprechend vertritt. Aber was passiert, wenn ein Künstler oder in unserem Fall ein Autor etwas sagt, dem du nicht zustimmst? Was wenn er sich als rassistisch, sexistisch oder homophob herausstellt? Boykottierst du dann seine Bücher? Solltest du dann seine Bücher boykottieren? Oder ist es egal, was der Autor sagt, solange die Geschichte stimmt?

Das ist ein schwieriges Thema, bei dem ich mir fast sicher bin, dass es keine richtig-oder-falsch, schwarz-oder-weiß Lösung gibt. Trotzdem möchte ich versuchen, eine Lösung zu finden und dir vielleicht einen neuen Gedankenanstoß geben.

Außerhalb des Buches

Der wichtigste Aspekt ist wohl zunächst, wo der Autor seine Meinung geäußert hat. Es macht einen großen Unterschied, ob es in einem Buch oder außerhalb geschieht. Betrachten wir zuerst letzteren Fall:

1. Profit

Durch den Kauf oder Nicht-Kauf von bestimmten Büchern, kannst du deine Zustimmung und Ablehnung ausdrücken.

Autoren verdienen durch den Verkauf ihrer Bücher Geld, logisch.

Also ist die Frage relativ einfach: Möchtest du, dass der Autor durch deinen Kauf seines Buches Geld verdient? Bzw. Möchtest du durch deinen Kauf Zustimmung für seine Aussagen/Taten ausdrücken?
Und die viel interessanteren Fragen:
Ändert sich deine Antwort, wenn der Autor keinen Gewinn mehr machen kann z.B. weil er schon tot ist?
Würdest du das Buch immer noch lesen, wenn du geschenkt bekommen/geliehen/illegal „erworben“ hast?

Wenn es dir nur darum geht, dass der Autor keinen Vorteil aus deinem Erwerb des Buches zieht, ist die Frage für dich hier schon beendet.

2. Persönliche Wahrnehmung

Manchmal fühlen sich Dinge einfach falsch an. Auch wenn der Autor nicht durch deinen Kauf profitieren würde, hinterlassen seine Werke dennoch einen fahlen Geschmack im Mund.
Oder, auf der anderen Seite des Spektrums: Der Autor ist für dich gar nicht entscheidend, sondern die Geschichte steht im Vordergrund. Solange das Buch keine Werte vermittelt, mit denen du nicht übereinstimmst, kann der Autor (in einem gewissen Spektrum) sagen, was er möchte.

Manchmal ist diese Entscheidung gar nicht so einfach, weil die Situation nicht schwarz und weiß war, sondern sich in diesen grauen moralischen Grenzfällen bewegt. Hier musst du deine Gedanken näher hinterfragen.

  1. Was hat der Autor genau getan?
    Ein unbedachter Tweet (wenn auch nicht blind zu entschuldigen) hat ein anderes Gewicht als eine offizielle Pressemitteilung, öffentliche politische Arbeit oder gar eine Verurteilung vor einem Gericht. Hier muss man genau differenzieren.
    Was, wenn es „nur“ eine Aussage in einer sonst „perfekten“ Laufbahn war?
    .
  2. Wie lange liegt das „Verbrechen“ zurück?
    10, 20, 100 Jahre? Du musst dir klar sein, dass sich die Akzeptanz ändert. Ein berühmtes Beispiel wäre in etwa Mark Twains Gebrauch des N-Wortes. Heutzutage absolut untragbar, aber damals leider ein Teil des normalen Sprachgebrauchs. Würdest du also noch Bücher von Mark Twain lesen?
    .

Innerhalb des Buches

Hier ist die Differenzierung gleichzeitig einfacher und schwieriger. Hoffentlich ist den meisten bekannt, dass Autoren nicht jede Meinung teilen, die in ihren Büchern vorgetragen würden. Aber genau das ist der Punkt: Nicht jede Meinung. Das heißt, wenn der Autor sehr unreflektiert homophobe und/oder rassistische Kommentare raushaut, dann kann sich einem schon die Frage stellen, ob die Bemerkungen nicht vielleicht ernst gemeint sind.

Und noch eine Frage: Ist es moralisch vertretbar das Werk eines rassistischen/homophoben/etc. Autor zu lesen, wenn diese Meinungen nicht in das Buch übernommen wurden?

Ich habe diesen Artikel geschrieben, weil mir eine Antwort fehlt.

 


Hast du schon einmal einen Autor boykottiert? Was findest du schlimmer: Wenn ein Autor in oder außerhalb seines Buches moralisch fragwürdige Meinungen äußert?

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One Reply to “Die Trennung von Kunst und Künstler – Der Autor im Fokus”

  1. SemJZ says:

    Wenn ein Autor außerhalb des Buches besagte Äußerungen von sich gibt, ist es – natürlich je nach Kontext – sehr wahrscheinlich, dass er diese tatsächlich vertritt. Je nach Schweregrad der Äußerung, würde ich mich auch von dessen Büchern distanzieren. Zumindest, wenn ich diese nicht bereits kenne.
    Kompliziert finde ich es nämlich mit der Sache mit der Harry Potter Autorin. Ich liebe ihre Bücher, doch kürzlich gab es Berichte, dass sich JK Rowling wohl Trans-feindlich geäußert hat. Ich habe das Thema nicht aktiv verfolgt und bin vielleicht zu weit vom Thema entfernt, um sie jetzt vollends zu verteufeln. Dennoch bin ich mir bewusst, dass sie damit einer Gruppe von Menschen vor den Kopf stößt und das schmälert meine Sympathie zur Autorin, aber nicht zu ihren (bereits von mir gelesenen und lieb gewonnen) Büchern. Bei ihren künftigen Büchern wird aber möglicherweise ein Teil meines Gewissens versuchen, mich vom Kauf abzuhalten.
    Das ist ein wirklich kompliziertes Thema.

    Gibt es besagte Äußerungen jedoch innerhalb eines Buches (ich klammere Sachbücher mal aus), gehe ich meist davon aus, dass diese eben im Kontext der Geschichte notwendig sind, aber nicht zwingend vom Autor vertreten werden. Hier steht der Autor meiner Meinung nach aber in der Pflicht, die Tragweite bzw. Negativität herauszuarbeiten und den Lesern begreiflich zu machen. So kann sich der Autor davon distanzieren, diese Meinung selbst zu vertreten und verhindern, dass Leser diese übernehmen.

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