Mein bester Tipp, damit das Überarbeiten Spaß macht

Überarbeiten. In der kurzen Zeit, die ich jetzt schon an meinem Roman arbeite (knapp ein Jahr), habe ich es hassen gelernt. Es dauert lange und es ist undankbar, weil man vor allem auf seine Fehler achtet und schon bald kommt es einem so vor, als wäre das ganze Manuskript nichts als ein einziger großer Fehler.

Es gibt viele Artikel darüber, wie man am Besten überarbeiten kann, was man machen muss, um sein Manuskript zu verbessern. Füllwörter streichen, Wiederholungen rausnehmen, Lesefluss verbessern, Kill your Darlings, unnötige Szenen kürzen oder streichen und und und …
(Für ein paar schöne Artikel zu dem wie, schaut doch mal bei Petra Schier und Schreibwahnsinn nach.)
Bei dem ganzen Löschen fragt man sich manchmal, wieso man überhaupt etwas geschrieben hat. Was fehlt, ist die Motivation! Denn es ist verständlich, dass man keine Lust hat, sich den ganzen Tag seine vermeintlichen Fehler anzuschauen.

Und ich habe neulich die perfekte Methode gefunden, das Überarbeiten spaßiger zu gestalten.

Ein Vorlese-Programm

 

Viele von euch kennen bestimmt den Tipp, dass man sich den eigenen Text vorlesen soll, um Fehler zu finden und vor allem den Lesefluss zu verbessern.
Das habe ich getan.
Mit zwei Folgen: Ich war heiser und mir sind trotzdem eine ganze Menge Fehler durch die Lappen gegangen.

Warum ist ein Vorleseprogramm dann besser?

  1. Sehr offensichtlich: Man wird nicht heiser.
    Das erklärt sich so ziemlich von selbst. Wer ist schon gerne heiser?
  2. Die Stimme ist emotionslos.
    Das Vorleseprogramm weiß nicht, welche Szenen in deinem Manuskript emotional sind und es weiß vor allem nicht, wie es mit Betonung und angemessenen Pausen vorliest. Und das ist wunderbar! Man selbst (als Autor) weiß welche Emotionen man in welcher Szene fühlen soll und fühlt sie automatisch, aber der Leser hat keine Ahnung! Wenn man es geschafft hat, trotz emotionsloser Roboterstimme eine emotionale Szene zu schreiben, dann kann man sich sicher sein, dass man es gut geschafft hat.
  3. Dir entgeht kein Rechtschreibfehler.
    Nichts reißt einen so schnell aus der Geschichte, wie ein plötzlich bustabiertes Wort in einem sonst normalen Satz. Und vor allem Flüchtigkeitsfehler mit vertauschten Buchstaben, die man so leicht überlesen kann, sind auf einmal leicht zu finden. (Das kann sich je nach Vorleseprogramm unterscheiden, wie mit unbekannten Wörtern umgegangen wird, aber auch ein „dei“ anstatt „die“ fällt sehr schnell auf.)
  4. Wiederholungen sind schrecklich auffällig.
    Wenn einem dieselbe Roboterstimme zum Dritten innerhalb einer Minute dieselben Phrasen oder Wörter vorliest, dann kann man gar nicht anders als die Augen zu rollen. Denn niemand hört gerne einer schlechten Roboterstimme zu, vor allem wenn sie andauernd alles wiederholt.
  5. Kommasatzung fällt dir schwer? Es ist oft leichter, sie zu hören.
    Im normalen Sprachgebrauch machen wir natürliche Pausen an den Stellen, wo man beim Schreiben ein Komma bräuchte. Wenn aber nun das Vorleseprogramm ohne Pause durch einen ewig langen Bandwurmsatz brettert, dann merkt man instinktiv, an welchen Stellen man Kommata vergessen hat, selbst wenn man die Regeln dafür nicht in und auswendig kennt.
  6. Es ist einfach, ähnliche Satzstrukturen zu erkennen.
    Beim stillen Lesen fällt einem der Lesefluss häufig nicht auf und auch beim eigenen Vorlesen (wenn man seine eigene Betonung und Pausensetzung hat) kann es schwierig sein, ähnliche Satzstrukturen zu erkennen. Was meine ich eigentlich damit?
    Es hört sich einfach doof an, wenn alle/viele Sätze dieselbe Satzstruktur von Subjekt-Prädikat-Objekt haben. Der Text wird um einiges dynamischer, wenn man auch mal mit einem Nebensatz anfängt oder ein Satz zwischendurch nur aus einem einzigen Wort besteht.
  7. Es geht relativ schnell.
    Überarbeiten dauert immer sehr lange. Vor allem wenn man das Manuskript zwischen den Überarbeitungen liegen lässt und/oder von Testlesern lesen lässt. Der Prozess kann Jahre dauern.
    Ein ganzes Buch einmal durchzugehen kann, je nach Lesegeschwindigkeit und Länge des Buches, 8 bis >30 Stunden dauern!!
    Bei einem Vorleseprogramm kann man die Vorlesegeschwindigkeit einstellen (ich hänge bei 150%, aber das kann man bestimmt noch optimieren) und so diese Zeit extrem kürzen!
  8. Es ist verdammt lustig.
    Ich habe euch ja am Anfang versprochen, dass das Überarbeiten Spaß machen wird und dieser Teil kommt jetzt. Ich habe beim Überarbeiten selten so viel und so heftig gelacht.
    Das Vorleseprogramm ist wunderbar, wenn es darum geht „neue“ Worte vorzulesen. Ich schreibe Fantasy und habe mir deswegen für meine Figuren Namen ausgedacht, die es in normalen Sprachgebrauch selten oder gar nicht gibt. Und obwohl ich darauf geachtet habe, dass es Namen sind, die wenige Silben haben und man sie leicht aussprechen kann, hat das Vorleseprogramm doch einige Probleme.
    Mein Lieblingsfehler ist eine Figur namens Sardar, die aus unerfindlichen Gründen beim Vorlesen zwei Silben mehr dazubekommt und in meinem Vorleseprogramm Sardaragraf heißt. Und weil ich das Erinerrungsvermögen eines Goldfisches habe, lache ich mich jedes Mal aufs Neue tot, wenn er vorkommt. Und nichts motiviert mehr, als bei einer Aufgabe Spaß zu haben.

Ich konnte euch überzeugen und ihr wollt es auch einmal ausprobieren?

(Keine Sorge, das hier ist kein bezahlter Post. Ich schreibe diesen Artikel aus eigenem Antrieb. 😉 )
Ich habe das kostenlose Programm Foxit Reader gefunden, in das man einfach nur eine PDF-Datei einfügen muss und schon kann es vorgelesen werden. Man kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt stoppen und weitermachen, sich es Seite für Seite vorlesen lassen…

Kurzum: Ich bin begeistert. Und weil ich weiß, dass ich auf jeden Fall etwas zu lachen haben werde, gehe ich tatsächlich motiviert an meine Überarbeitung heran.

 


Hast du auch schon einmal probiert, die deinen eigenen Text vorlesen zu lassen? Oder hast ihn dir selbst vorgelesen? Hat es dir geholfen?

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10 Replies to “Mein bester Tipp, damit das Überarbeiten Spaß macht”

    1. Sina Bennhardt says:

      Freut mich, dass dir die Idee gefällt! Viel Spaß beim Überarbeiten 😉

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  1. Levi says:

    Ich habe tatsächlich mal angefangen, mit der Vorlese-Funktion zu überarbeiten. Ich frage mich nur gerade, wieso ich damit aufgehört habe. Denn du hast mit deinem Artikel definitiv recht – es hat echt viele Vorteile. 🙂

    Über Sardaragraf musste ich übrigens echt lachen. 😀 Ich hab es mal mit meinem Programm ausprobiert und da klingt es wie SArdar. Also Betonung auf der ersten Silbe. In meinem Kopf war es immer SardAr. Aber ich finde es echt lustig, dass dein Programm was ganz anderes daraus macht. 😀

    Wenn ich bei meinem aktuellen Manuskript beim Überarbeiten angekommen bin, werde ich definitiv mal wieder mit der Vorlese-Funktion arbeiten. 🙂

    Ganz liebe Grüße & ein schönes Wochenende!
    Levi

    Antworten
    1. Sina Bennhardt says:

      Ich muss zugeben, das mit dem Vorleseprogramm ist bei mir nur zustande gekommen, weil ich zu faul war, selbst zu lesen (und vor allem VORzulesen) und ich keinen Bock hatte andauernd meine Stimme zu verlieren 😀 Und dann nach den ersten paar Kapiteln, die ich mir habe vorlesen lassen, habe ich mir gedacht, dass das ja aus Versehen echt genial war 😀

      Du hast auch definitiv Recht bei der Betonung von Sardar – bei mir (im Kopf) war es auch immer auf der letzten Silbe betont 😀

      Dir auch ein schönes Wochenende und genieß die Sonne! 🙂

      Antworten
  2. Jacquy says:

    Das ist wirklich ein cooler Tipp! Ich schreibe zwar keine Bücher, aber das kann man ja auch bei anderen Texten anwenden. Klingt auf jeden Fall sehr viel spaßiger als selbst zu lesen. Gerade weil man nach einer Weile ja „blind“ wird und das beim hören nicht passieren kann.

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    1. Sina Bennhardt says:

      Genau! Das klappt bestimmt auch bei Hausarbeiten oder anderen Texten.

      Diese „Betriebsblindheit“ ist echt ein Fluch 😀

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  3. Sarah | Pergamentfalter says:

    Hallo Sina,

    danke dir für den Tipp, der klingt echt super! Ich bin momentan noch in der Fraktion „Still vor sich hin lesen“ und allein, wenn ich einen Text mal länger liegen lasse und dann wieder lese, klingt das manchmal furchtbar. Ich glaube, da ist so ein Vorleseprogramm wirklich Gold wert.

    Liebe Grüße
    Sarah

    Antworten
    1. Sina Bennhardt says:

      Ich mache auch echt viel mit „still vor mich hinlesen“, aber man entwickelt doch eben eine gewisse Betriebsblindheit und überliest sooo viele Fehler! Das Vorleseprogramm war bisher nur wunderbar! (und das Lachen, weil es Namen vollkommen falsch vorliest ist ein Plus 😀 )

      Antworten

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