Der Abend im Gasthaus wird fortgesetzt und … hach, ich mag diese Geschichte. Ich bin sehr begeistert. Falls du den Anfang verpasst hast, dann geht es hier zu Kapitel 1.
Viel Spaß beim Lesen.
Nur ein kleines Tänzchen
Alabaster nahm einen tiefen Schluck und die heiße Flüssigkeit erwärmte ihn von innen. Er streckte die Finger und spürte ein angenehmes Kribbeln in den Händen. Mit einem Seufzen lehnte er sich zurück und ließ seinen BLick durch die Menge schweifen.
Trotz der späten Stunde herrschte ein stetes Kommen und Gehen. Die Menschen waren entspannt, rote Wangen schmückten ihre Gesichter. Ein ideales Klima für einen guten Raubzug, doch anstatt auszuschwärmen, wie er es vielleicht in seinen jüngeren und unbedarfteren Jahren gemacht hätte, behielt er die Füße still. Diese Unbedarftheit hätte ihn damals fast Einiges gekostet und er war vorsichtiger geworden.
„Hast du schon jemanden gesehen?“, fragte Opal leise und Alabaster wandte sich ihr zu.
„Von früher?“ Er ließ den Blick durch die Menge schweifen. Er entdeckte einige Gesichter, die ihm vage bekannt vorkamen, aber niemanden, an dessen Namen er sich erinnern konnte. Alabaster zuckte ruhig mit den Schultern und richtete seinen Blick auf Opal. Ihre Augen schossen fiebrig durch das Gasthaus.
„Niemanden“, sagte er und legte ihre beruhigend eine Hand auf das Bein, „Und selbst wenn. Sie würden uns nicht erkennen.“
Opal nickte abwesend. Mit einem Lächeln strich Alabaster ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Vor einigen Tagen hatte er ihre Haare gefärbt. Sie hatten nun einen rötlichen Stich und nicht das helle blond, das sonst ihren Kopf schmückte. Seine Haare trug er zur Zeit schwarz und auch sein Bart war gefärbt. Es war eine aufwendige Arbeit, aber bisher hatte er die Entscheidung noch nicht bereut.
„Opal.“ Seine Stimme war eindringlich.
Ihr Blick irrte zu ihm hinüber.
„Mach dir keine Sorgen. Wir sind nur Wanderer auf Durchreise. Niemand wird uns Fragen stellen. Und morgen sind wir schon wieder weg. Es ist nicht anders als sonst auch.“
„Nur dass du hier gesucht wirst …“, murmelte Opal in sich hinein.
Alabaster schüttelte den Kopf. „Und deswegen werden wir vorsichtig sein. Wir wärmen uns auf und werden uns dann ein Zimmer für die Nacht nehmen. Nichts weiter, in Ordnung?“
Opal seufzte. „Ich habe ein schlechtes Gefühl, weißt du?“
Ihr Bruder grinste schelmisch. „Das hast du doch immer.“
„Aber es ist diesmal mehr als sonst. Wir sollten gehen.“
„Und die Nacht durchwandern? Die Straßen sind gefährlich, Opal, noch gefährlicher, als unser Aufenthalt hier. Jetzt schau nicht so bedrückt, sondern genieß den Abend hier. Man bekommt nicht jeden Abend so gute Musik zu hören!“ Er schob seinen Stuhl zurück und streckte seine Hand zu Opal aus.
„Ich bin nicht in der Stimmung …“, begann Opal.
„Was?“, rief Alabaster in gespielter Empörung und sofort drehten sich mehrere Köpfe zu ihnen um, „Holde Dame, ich bin erschreckt! Da nehme ich meinen gesamten Mut zusammen, um Euch zum Tanze zu fordern und ihr wollt es mir einfach ausschlagen?!“ Er stemmte theatralisch die Hände in die Hüften.
„Alabaster!“, zischte Opal, wurde jedoch von dem Gegröle der Tische um sie herum übertönt.
„Nun hab dich nicht so, Mädchen!“
„Bei so einem wackeren Burschen.“
„Ist doch nur ein kleines Tänzchen.“
„Geh schon!“
Alabaster schenkte ihr sein entwaffnendstes Lächeln und zwinkerte ihr zu. Opal wusste, warum die Mädchen ihm zu Füßen lagen. Er war genau die richtige Mischung aus charmant und frech, aus gut aussehend und nahbar, aus lebhaft und ruhig.
Mit einem Augenrollen griff sie nach seiner Hand und er wirbelte sie herum, sodass sie in seinen Arm flog. Die Menge jubelte. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Alabaster hätte es weit bringen können.
„Aus dem Weg bitte!“, rief er und seine Stimme bahnte ihnen freien Durchgang zur Tanzfläche. So war Alabaster. Sie versteckten sich unter aller Augen, sie waren ihr eigenes Schauspiel, das die Menge ablenkte und niemand würde sich an ihre Gesichter erinnern, nur an ihren wilden Tanz.
Opal konnte nicht anders als ausgelassen zu lachen. Sie liebte es zu tanzen, wenn die starken Arme ihres Bruders sie führten und sie sich keine Sorgen machen musste. Er war stets an ihrer Seite, folgte jeder ihrer Bewegungen und fing sie auf, wenn sie sich vertat.
Die Musiker übernahmen ihre Energie und die Töne wurden lauter und schneller. Die Gäste klatschten im Takt und bald gesellten sich mehr Tanzpaare zu ihnen. Und Alabaster hatte nur Augen für Opal, die in seinen Augen immer das schönste Mädchen von allen war. Allen anderen Frauen, die sich ihm nun aufdrängten, schenkte er einen Tanz und sein Lächeln, aber nur für Opal behielt er sein Herz. Denn sie war alles, was ihm geblieben war und das durfte er niemals verlieren.
Der Abend verging mit viel Gelächter. Sie scherzten mit alten Bekannten, die die Geschwister im Leben nicht wieder erkannt hätten und Alabaster ließ den Apfelmet fließen, bis sie beide warm und wohlig waren und mit ihren Rucksäcken in ihr Zimmer stolperten.
Ich mag die Beziehung, die Opal und Alabaster haben sehr gerne. Vielleicht habe ich sie (von meinem inneren Gefühl) ein bisschen nach mir und meiner Schwester gebaut. <3
Die Beziehung der beiden ist wunderbar. Die beiden sind unglaublich charismatische Charaktere und ich kann mir nur allzu deutlich vorstellen, wie die Frauen dem Charme von Alabaster erliegen. Ich habe mich ja schon dabei ertappt, wie ich blöde vor mich hingegrinst habe… ; )
Auch liebe ich das Konzept sich unter aller Augen zu verstecken. Es gibt so viele Geschichten von den mysteriösen Reisenden mit in die Stirn gezogener Kapuze, deren Gesicht in den Schatten verborgen ist. Herrlich erfrischend deine Herangehensweise.
Ich habe die beiden (vor allem Alabaster) so richtig lieb gewonnen und spiele mit dem Gedanken sie einem von meinen (zukünftigen) Büchern vorkommen zu lassen (wenn ich es denn so weit schaffe). 🙂
Ja, ich bin ein bisschen verliebt in Alabaster, wenn man das denn über eigene Figuren sagen darf 😉
Für mich deine bisher beste Kurzgeschichte! Ich liebe sie!
Dann hoffe ich, dass ich die Qualität aufrecht erhalten kann! <3