Vor nicht allzu langer Zeit habe ich begonnen DSA (Das Schwarze Auge) zu spielen. Ein deutsches Pen-&-Paper-Rollenspiel, das auf dem Kontinent Aventurien spielt. Dort gibt es allerlei fantastische Rassen zu spielen, Abenteuer zu erleben und wenn man denn so will, Magie zu wirken.
Oder wie es noch treffender auf der offiziellen Website beschrieben wird:
Majestätische Drachen und ungeheure Gefahren, versunkene Schätze und lebendige Götter – streife als ruhmreicher Held durch strahlende Städte und unberührte Wildnis, begegne sagenhaften Kreaturen und finsteren Feinden, erlebe Abenteuer jenseits deiner Vorstellungskraft in einer Welt, die der unseren so ähnlich und doch so fremd ist.
Und ich bin absolut begeistert! Oft halte ich die wenigen Wochen zwischen unseren (durchschnittlich 8 Stunden langen) Spiel-Sessions kaum aus.
Und warum, das möchte ich euch jetzt erklären 🙂
Geschichte
Ganz im Vordergrund stehen natürlich, die Geschichten, die erlebt werden und die sind für Fantasy-Liebhaber wie mich etwas ganz Besonderes. Die Komplexität der Welt (dazu später mehr) und die eigene Kreativität führen einen durch die Abenteuer und machen jedes Erlebnis einmalig.
Natürlich hängt hier einiges von dem Meister (dem „Erzähler“) ab, aber in meiner Erfahrung war ich bisher komplett frei in meinen Entscheidungen.
Was ich dabei gelernt habe, war etwas, das mich selbst erstaunt hat:
Das „Abenteuer“ dem man folgt, ist gar nicht so wichtig. Viel spannender sind die Interaktionen der Spieler und das was passiert, wenn man sie unbeaufsichtigt lässt. Da nimmt man dann auf einmal an Ringen-Wettkämpfen teil, macht Musik in Gasthäusern und (das allerbeste) spielt einander Streiche.
Den meisten Spaß hatten wir, wenn wir komplett „unnötige“ (und damit meine ich storytechnisch unnötige) Aktionen geschoben haben, weil wir in diesen Szenen unsere Figuren und ihre Grenzen erkundet haben.
Diese Erkenntnis versuche ich auch in meine eigenen (geschriebenen) Geschichten einzubauen. Das Abenteuer ist gar nicht so wichtig, wenn man tollen Charakteren folgt, deshalb: Charakterentwicklung vor Story.
World-Building
DSA gibt es mittlerweile schon über 30 Jahre und entsprechend tiefgehend und komplex ist die Welt. Die Geschichte, mit der ich immer noch nicht ganz vertraut bin, reicht Jahrhunderte zurück, es gibt dutzende verschiedene Völker und Kulturen, Städte, Gottheiten, Religionen und Rassen, mit denen man spielen und interagieren kann. Es ist für einen Neueinsteiger tatsächlich etwas überwältigend, aber überaus faszinierend.
Und: Es ist ein perfektes Beispiel für hervorragendes Worldbuilding.
Lasst mich an einem Beispiel erläutern: Die zwölf Götter.
Ähnlich wie die griechischen Götter ist der Zwölgötterglaube ein Zusammenschluss von (wer hätte es gedacht) zwölf Gottheiten, die alle ihre eigenen Aufgaben, Moralvorstellungen, Ziele und Gläubigen haben.
Nicht nur, dass jeder Gott seinen eigenen Zuständigeitsbereich bekommt, nein, sie haben auch zugeordnete Tiere und Symbole, Kinder (die ebenfalls Gottheiten sind, aber nicht offiziell zu den zwölf Göttern zählen), Lithurgien, Gebete und zahlreiche Heilige.
Die Detailverliebtheit ist wahnsinnig und überwältigend und alles, was ich mir jemals wünschen würde. Egal was man für eine Frage hat, es gibt bestimmt ein Buch, das sie beantworten kann. Und ja, allein zu den Göttern wurden ganze Bücher (Plural) gefüllt!
Die Welt lebt!
Freiheit
Freiheit wird in Pen-&-Paper-Rollenspielen immer groß geschrieben. Der Meister bereitet zwar eine Geschichte vor, aber die Spieler können sich überlegen, was sie damit anfangen.
Ein Beispiel:
Die Spieler finden heraus, dass ein Transport von Steuergeldern stattfinden soll und Hilfskräfte zum Schutz gesucht werden. Was können sie tun?
- Anheuern und den Transport beschützen.
- Anheuern, den Transport ausrauben und es Räubern in die Schuhe schieben.
- Nicht Anheuern, den Transport ausrauben und mit dem Geld fliehen.
- Den Transport komplett ignorieren und sich einer anderen Aufgabe zuwenden.
Und es gibt noch tausend mehr Variationen von Möglichkeiten. Jede Möglichkeit zieht ihre eigenen Folgen nach sich und wirkt sich auf folgende Abenteuer aus.
Jede Entscheidung muss überdacht werden, denn alles ist möglich.
Figuren
Wolltest du schon immer mal ausprobieren, wie es ist, in die Schuhe einer fremden Person zu schlüpfen? Wolltest du schon immer mal mutiger, draufgängerischer oder einfach nur entspannter sein?
Ich spiele Yamira bint-al-Laila eine tulamidische (= orientalische) Gauklerin, die einen leicht diebischen Einschlag hat. Sie ist sehr geschickt und schnell, aber leider fällt es den Leuten schwer ihr zu vertrauen, weil sie ein Albino ist und Albinismus häufig mit Dämonen verbunden wird.
Davon lässt sie sich allerdings nicht unterkriegen. Sie spielt gerne Streiche und ist quasi die Verkörperung des Satzes: I did it for the lulz. Soll heißen, sie macht alles nur weil sie Spaß daran hat und nicht weil sie es muss.
Eine weitere Figur, die ich spiele, ist Korina Uÿis, eine Ex-Piratin, die anderen das Planen überlässt und draufhaut, wo man draufzeigt. Sie trinkt gerne und wenn ihr zu lange geredet wird, fängt sie schon mal eine Schlägerei an, damit ihr nicht langweilig wird. Aber, wenn man sich ihre Freundschaft erkämpft hat, ist sie überaus loyal und würde alles dafür tun, damit alle heil und gesund aus jeder Situation herauskommen.
Was habe ich gelernt?
Bei dem Erstellen einer neuen Figur muss man am Anfang Vorteile und Nachteile wählen (das sind meistens Charaktereigenschaften oder besondere Fähigkeiten) und ich habe gemerkt, dass die Nachteile immer zu besseren Geschichten führen als die Vorteile.
Ist es nicht viel lustiger und spannender, wenn man in eine Höhle kommt, die gefüllt ist mit Schätzen, und aus Goldgier nicht nach Fallen sucht, sondern sich direkt auf das Geld stürzt? (Wodurch eine Falle ausgelöst wird und man unter Zeitdruck einen Ausgang finden muss, weil sonst alle sterben.)
Deshalb möchte ich in meinen Geschichten auch immer in den Vordergrund stellen: Die schlechten Eigenschaften machen die Figuren glaubhaft und sorgen für spannendere Situationen.
Freunde
In meinem unmittelbaren Umfeld kannte ich niemanden, der Rollenspiele spielt, aber ich wollte es unbedingt versuchen. Also habe ich das Internet befragt und tatsächlich eine Gruppe gefunden, die gerade nach Neulingen gesucht hat. Ich habe mich sofort bei ihnen gemeldet und wurde ganz lieb aufgenommen. Das ist mittlerweile fast zwei Jahre her.
Ich bin der festen Meinung, dass man Freundschaften schneller schließt, wenn man gemeinsam Sachen unternimmt und erstaunlicherweise lässt sich das auch auf fiktive Abenteuer übertragen. Obwohl sich unsere Gruppe noch nie außerhalb von Spieleabenden getroffen hat, sind wir echt zusammengewachsen.
Und das würde ich niemals tauschen wollen.
Fazit
Ich weiß echt nicht, wem Rollenspiele wie DSA nicht gefallen könnten. Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Es ist ein ungeheuerer Zeitaufwand (wie jedes andere Hobby auch), aber es ist jede Sekunde wert. <3
Spielst du auch DSA oder andere Rollenspiele? Wenn ja, was ist deine Lieblingsfigur, die du jemals gespielt hast? Oder habe ich dich vielleicht neugierig gemacht und du würdest auch einmal gerne ein Rollenspiel ausprobieren?
Hey 🙂
Wie schön, dass dieses Hobby nie auszusterben scheint. Ich habe über 20 Jahre DSA gespielt und erst aufgehört, als sich unsere Gruppe auflöste und mein Leben sich massiv änderte. Ich würde zwar heute nicht mehr anfangen wollen, da ich meine Zeit mittlerweile angefüllt habe mit anderen Dinge, aber ich denke immer noch voller Freude auf mein Rollenspielerdasein zurück. Die längste Zeit habe ich als Brillantzwergin verbracht, früher war auch mal Waldelfen darunter. Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Spaß mit deiner Gruppe und kann jedes Wort nachvollziehen, dass du schreibst.
Liebe Grüße,
Sandra
Danke schön!
An nicht-menschliche Rassen habe ich mich noch nicht getraut, aber mal zum Spaß eine pazifistische Orkin entworfen … Da kann ich mir vorstellen, dass das echt lustig wird 😀