Wir kommen heute zum letzten Kapitel. Viel Spaß beim Lesen.
Des Glückes Schmied
»Was machen wir jetzt?«, fragte Ezri.
Sinthia sah mit verquollenen Augen zu ihr auf. »Ich weiß es nicht«, hauchte sie, »Was kann ich denn noch machen? Ich habe kein Geld. Ich habe kein Glück. Ich kann nichts machen.«
Ezri schwieg und legte einen Arm und Sinthia.
»Es muss einen Weg geben«, brach Ezri schließlich die Stille, »Es kann doch nicht sein, dass es keinen Ausweg gibt.«
»Vielleicht ja doch.«
Ezri runzelte die Stirn. »Wir haben einfach noch nicht genug nachgedacht. Familie, Gespartes, irgendein wertvoller Besitz?«
»Nein, nichts.«
»Vielleicht ein reicher Liebhaber, den du geheim gehalten hast?« Ezri grinste, aber ihre Augen blieben traurig.
Sinthia schüttelte den Kopf. »Schön wär’s.«
Sie starrte aus dem Fenster und die Neonbuchstaben der Reklame brannten sich in ihre Augen.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Triff gute Entscheidungen.
Geh spenden.
»Wie viel Uhr haben wir?«, fragte Sinthia.
»Kurz vor sieben, wieso?«
Sinthia deutete aus dem Fenster. »Ich war doch spenden. Vielleicht gewinne ich ja die Lotterie. Meinen Besuch beim Reset-Camp könnte ich bestimmt teuer verkaufen.«
Ezri drückte ihre Schulter. Sie brauchte nichts zu sagen. Sinthia wusste, dass die Chance sehr klein war. Wie viele Menschen gingen jeden Tag spenden? Millionen? Aber hörte man nicht immer wieder von den Menschen, die gewonnen hatten und von ihrem neuen perfekten Leben?
Sie brauchte nur ein bisschen Glück.
Sinthia und Ezri starrten aus dem Fenster auf die flackernde Neonanzeige. Die Minuten verstrichen schweigend. »Bist du dir sicher, dass es kurz vor …«, begann Sinthia, da wurde die Anzeige schwarz und flackerte dann in neuen Farben auf.
Die Auslosung
Sinthia kramte in ihrer Handtasche und fand ihren zerknitterten Lotterieschein. Zwölf Zahlen standen darauf. Eine synthetische Stimme klang über die Straßen, bis in ihre Wohnung herein. »Die Auslosung des heutigen Tages wurde durchgeführt. Die Zahlen sind: …«
Sinthia umklammerte Ezris Hand.
»49… 18… 53… 1… 22… 7… …«
Es wäre auch zu schön gewesen. Sinthia schluckte. Die Stimme verklang und vor dem Fenster flackerte wieder dieselbe Anzeige.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Triff gute Entscheidungen.
Geh spenden.
Sinthia schloss die Augen und weinte.
Ende
Ach, die arme Sinthia hat das nicht verdient. 🙁
Was meinst du? Ist jeder für sein Glück selbst verantwortlich? Oder ist es eben nur Glück?
Irgendwie hatte ich mir sehr gewünscht, dass sie gewinnt. Ich bin aber jetzt sehr neugierig, was die Konsequenzen für sie sind. Kommt sie ins Gefängnis? Oder was für härtere Strafen gibt es? Stellt sie sich oder läuft sie vielleicht weg und versucht zu entkommen? Sooooooo viele Fragen, schade, dass die Geschichte schon zu Ende ist.
Das ist die Sache mit dem offenen Ende … davonkommen wird sie wohl nicht. Aber was genau sie erartet, kann sicher der Leser ausmalen.
Das mit dem Glück ist eben so eine Sache. Der größte Unterschied besteht für mich in „Glücklich sein“ und „Glück haben“. Für das Glücklichsein ist jeder selbst verantwortlich und hat in vielen Fällen auch die Möglichkeit, etwas daran zu ändern, auch wenn es viel Kraft kostet. Glück haben impliziert für mich irgendwie, dass man auf diese Sache keinen Einfluss hat, eben so etwas wie ein Lotteriegewinn. Es ist natürlich die Frage, inwieweit Sinthia eine Möglichkeit gehabt hätte, etwas an ihrer Lage zu ändern. Einen anderen Job suchen, bei dem sie mehr verdienen könnte, um nicht mehr spenden zu müssen, wäre vermutlich am optimalsten gewesen, aber vielleicht hat sie bisher nichts gefunden? Hm, je länger man darüber nachdenkt, desto schwieriger ist es, dass irgendwie zu beurteilen. ^^“
Ich hätte ihr wirklich ein anderes Ende gewünscht, aber es wäre einfach ein wenig zu viel „Glück“ gewesen, wenn sie ausgerechnet jetzt gewonnen hätte. Offene Enden sind auf der einen Seite wirklich fies, aber auf der Seite regen sie doch sehr zum Nachdenken an. Ich finde das Konzept dieser Welt wirklich spannend, da sich Reiche ja auch zu dieser Zeit bereits teilweise Glück kaufen. Nur eben in anderer Form.
Ich hoffe einfach, dass Sinthia irgendeinen Weg aus diesem Unglück findet.
Vielen Dank für die tolle Geschichte. <3
Liebe Grüße,
Levi
Genau, weil ich mir nicht sicher bin, wo der Unterschied liegt zwischen „Glück haben“ und „glücklich sein“, habe ich diese Geschichte geschrieben. Ich versuche oft, meine eigenen Fragen in meinen Erzählungen oder Gedichten zu beantworten … nicht, dass es funktioniert. 😀
Ich finde es schön, dass ich dich zum Nachdenken anregen konnte <3
Ich freue mich immer total über deine Kommentare!!! Das wollte ich dir einmal sagen 🙂
Ich glaube, es ist unmöglich, auf manche Fragen (wie eben diese) eine Pauschalantwort zu bekommen. Und das merkt man dann, wenn man über so etwas schreibt. 🙂 Demnach denke ich, dass es schon irgendwo funktioniert hat, die Antwort nur eben nicht eindeutig ist.
Das freut mich. <3