Die Hexe und das Mädchen
Es war einmal ein armes Mädchen. Seine Eltern waren vor langer Zeit gestorben und so musste sie sich alleine um den Hof kümmern. Doch es gab viel zu tun und das Mädchen war allein. So verkam der Hof mit jedem weiteren Jahr mehr. Ihre Nachbarn wollten ihr den Hof abkaufen und sie als Entschädigung darauf leben und arbeiten lassen, aber das Mädchen schlug alle Angebote aus. Schließlich war es der Hof ihrer Eltern und das letzte Andenken an sie. Ihn in fremde Hände zu geben, kam nicht in Frage.
Nun kam es, dass es Jahr schlechter Ernte gab. Die Felder lagen brach und nicht ein Halm wollte gedeihen. In ihrer Not schlachtete das Mädchen seine Hühner und schließlich auch seine Kuh, aber die Vorräte wollten nicht lange halten.
Die Nachbarn wurden drängender, sahen sie doch jetzt die Möglichkeit günstig an weiteres Gut zu kommen. Aber das Mädchen wehrte sie ab. Niemals würde sie den Hof verkaufen.
„Dann verhungere doch, du einfältiges Kind!“, riefen die Nachbarn, „Wenn du tot bist, werden wir deinen Hof schon noch bekommen!“
Das Mädchen verzagte, doch nun war es zu spät. Die Nachbarn hatten sich abgewandt und warteten auf ihr Dahinscheiden. Hilfe konnte sie keine erwarten.
Der Winter kam und das Mädchen wurde dünn und schwach. In seiner Not lief es hinaus in den Schnee.
„Bitte, ich brauche Hilfe!“, rief sie, „Sonst werde ich sicherlich verhungern.“
Doch es gab niemanden, der ihr antwortete. Das Mädchen lief weiter und rief immer wieder. Seine Füße waren kalt und blau. Der löchrige Stoff ihrer Kleidung schützte sie kaum vor der unerträglichen Kälte.
Gerade als sie dachte, dass sie nun tatsächlich sterben würde, trat eine Hexe aus dem Schneegestöber. „Wie kann ich dir helfen, mein Kind?“, fragte die Hexe.
Das Mädchen konnte ihr Glück kaum fassen. „Liebe Hexe, ich habe solchen Hunger und kein Essen. Kannst du meinen Hunger stillen?“
„Natürlich“, sagte die Hexe und auf einmal war das Mädchen nicht mehr hungrig. Sie fiel der Hexe um den Hals. „Oh liebe Hexe, ich danke dir! Aber ich fürchte, ich muss dich erneut um Hilfe bitten. Die Ernte war schlecht und ich drohe meinen Hof zu verlieren, kannst du mir erneut helfen?“
„Natürlich“, sagte die Hexe, „Aber was gibst du mir dafür?“
Das Mädchen zögerte, hatte sie doch nichts, was sie der Hexe anbieten könnte.
„Ich weiß“, sagte die Hexe und lächelte, „Zur Zeit hast du nichts, aber in einigen Jahren wird es dir besser gehen. Du wirst mir dein Erstgeborenes schenken.“
Das Mädchen schlug ein, war sie sich der Ausmaße dieser Forderung nicht bewusst.
In den folgenden Jahren wuchs und gedieh der Hof. Die Felder waren stets bestellt und die Vorratskammer des Mädchens immer zum Bersten gefüllt. Es fehlte ihm an nichts. Die Nachbarn, die ihren Fehler einsahen, versuchten sich zu entschuldigen. Ja, sie boten sogar ihre schönsten und stärksten Männer zur Heirat an, aber das Mädchen wies sie alle ab. Sie wollte nicht gekauft werden. Sie wollte jemanden heiraten, den sie liebte.
Jahr für Jahr kam die Hexe vorbei und sah nach, ob es Zeit wäre, sich ihren Preis zu holen. Und jedes Jahr bewirtete das Mädchen sie großzügig und lud sie ein zu bleiben. Sie vertröstete die Hexe, weil sie noch immer keinen Ehemann gefunden hatte.
Jedes Jahr blieb die Hexe ein wenig länger. Sie und das Mädchen verstanden sich wirklich wunderbar und nach einigen Jahren wurde tatsächlich so etwas wie eine Freundschaft daraus. Die Hexe blieb bei dem Mädchen. Und eines Tages war es schließlich so weit. Die Hexe küsste das Mädchen und bald darauf bekam sie einen Sohn.
Wie versprochen, schenkte sie es der Hexe, aber das Mädchen war verzweifelt. Denn in den letzten Monaten hatte sie endlich gelernt, was wahre Liebe war. Sie wollte es nicht ertragen, dass ihre einzige Liebe sie mit ihrem ersten Sohn verließ.
„Mädchen“, sagte die Hexe, „Du verstehst nicht. Du hast mir deinen Sohn geschenkt und das macht ihn zu unserem gemeinsamen Kind. Ich werde dich niemals verlassen, denn ich liebe dich.“
Und so lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
Na wenn das mal kein klassisches Märchen ist, dann weiß ich auch nicht 😀
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Aaaaaaawwwwwww, das ist ein schönes Ende… Solche Märchen sollten öfter erzählt werden!
Wie wäre es mit einem Märchen für jeden Advent???
O_O Ich kann es versuchen!! Aber ich weiß nicht, ob ich so viele Ideen habe 😀
Also der Plottwist kam für mich echt super überraschend. Super niedliche Geschichte! Ich schließlich mich dem Adventsvorschlag übrigens an. 🙂
😀 Dann setze ich mich mal an ein paar Märchen!
Schonmal im Voraus: Es tut mir Leid, wenn mir nicht genug einfallen 😉