Rezension – Die Frau in Weiß

Das Buch „Die Frau in Weiß“ von Wilkie Collins ist ein klassischer englischer Mystery-Novel und ein Bestseller aus dem Jahr 1859.

Inhalt
Der Zeichenlehrer Walter Hartright nimmt einen Job im Hause Limmeridge an. Dort soll er die Halbschwestern Laura Fairlie und Marian Halcombe unterrichten. Bevor er aufbrechen kann, trifft er nachts eine seltsame Frau in Weiß, names Anne Catherick, die aus einem Sanatorium ausgebrochen ist. Da sie ihm nicht verrückt vorkommt, hilft er ihr, zu einer Freundin zu gelangen.
Während seiner Zeit in Limmeridge verlieben sich Walter und Laura ineinander. Doch Laura ist bereits Sir Percival Glyde versprochen. Als Marian die Gefühle der beiden bemerkt, drängt sie Walter seinen Unterricht abzubrechen und nach London zurückzukehren.
Bevor er diesem Wunsch nachkommen kann, erhält Laura einen Brief von Anne Catherick, in dem sie ihr dringend von der Hochzeit mit Sir Percival abrät. Er verbirgt ein schreckliches Geheimnis vor ihnen. Der Anwalt der Familie, Mr Gilmore, kann nichts Verwerfliches über Sir Percival herausfinden. Laura heiratet Sir Percival und Walter schließt sich aus Kummer einer Expedition nach Mittelamerika an.
Auf Blackwater, Percivals Anwesen, trifft Laura die Frau in Weiß, die ihr wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Die Frau in Weiß will ihr Sir Percivals Geheimnis erzählen, doch Sir Percival und sein bester Freund Conte Fosco jagen sie davon, ehe sie das Geheimnis lüften kann.
Marian, die zu Besuch in Blackwater ist, belauscht ein geheimes Gespräch zwischen den beiden Männern und findet heraus, dass sie Geldprobleme haben. Sir Percival hat Laura nur wegen des Erbes geheiratet. Sie überlegen sich, wie sie am besten an das Geld kommen könnten und die einfachste Methode scheint ihnen Lauras Tod. Bevor Marian ihrer Halbschwester von ihrem Fund berichten kann, wird sie krank.
So gelingt es dem Conte mit einer List, Laura aus dem Haus zu locken und …

An dieser Stelle will ich die Zusammenfassung unterbrechen. „Die Frau in Weiß“ ist schließlich ein Mystery-Roman und ich möchte nicht jede Wendung vorwegnehmen. 😉

Sprache und Aufbau
Die Frau in Weiß“ ist ein altes Buch und das schlägt sich in der Sprache nieder. Allein der erste Satz

Was hier folgt, ist die Darstellung dessen, was die Geduld eines Weibes zu ertragen und die Entschlossenheit eines Mannes zu vollbringen vermag.

ist für das Buch kurz. Da kann man sich natürlich vorstellen, was den Leser auf den folgenden 750+ Seiten zu erwarten hat. Einzelne Sätze sind extrem lang und absurd verschachtelt, sodass das Verstehen schwer fällt.
In den Gesprächen muss man grundsätzlich zwischen den Zeilen lesen, da fast der gesamte Dialog aus endlosen Etikette-Wendungen besteht. Nur Personen, die sich nahe stehen, sprechen (nach heutigen Standards) deutlich miteinander.
Allein wegen dieser sprachlichen Besonderheiten handelt es sich bei diesem Buch um eine sehr langsame Geschichte.

Diese Feststellungen sollen keine Kritik sein, mehr eine Warnung. Das Buch ist keine leichte Klo-Lektüre, sondern extrem anspruchsvoll. Allerdings würde ich behaupten, dass das den Charme dieses Romans ausmacht.

Die Charaktere

Oh, wie man jemanden nach einer kurzen Beschreibung und drei Zeilen Dialog hassen kann! Die Charaktere sind brillant. Der Autor lässt sich extrem viel Zeit, einzelne Charaktere einzuführen und sie im Geiste des Lesers zu festigen. Die Personen werden hauptsächlich durch Gespräche definiert. Die Veränderungen im Tonfall jeder Person, wenn auch nur ein Charakter hinzukommt oder das Gespräch verlässt, sind erstaunlich fließend und natürlich.

Allein dafür lohnt es sich das Buch in die Hand zu nehmen und nie wieder weg zu legen.

Sonstiges
Das Buch ist ziemlich altmodisch, vor allem was die Behandlung und Beschreibung von Frauen angeht. Das beginnt schon bei der Beschreibung:

Die Dame ist brünett. […] Die Dame ist jung. […] Die Dame ist hässlich.

Ist aber vor allem zu sehen, wenn Frauen sich selbst beschreiben oder einschätzen sollen. Da kann es passieren, dass eine Frau sagt, dass sie trotz

unvermeidlicher weiblicher Handicaps

Billard spielen kann. Was diese weiblichen Handicaps sind, weiß ich immer noch nicht genau. 😀

Diese Aussagen sind jedoch als Relikte ihrer Zeit zu behandeln und selten wirklich anstößig. Ich musste über die meisten dieser Anmerkungen lachen und war nur an einer einzigen Stelle wirklich böse (dort wurde der Intellekt von Frauen mit dem Intellekt von Hunden gleichgestellt). Dieser Kommentar kam allerdings von einer Person, die schrecklich bösartig ist, also kann ich diese Sichtweise nicht dem Autor zuschreiben.

Fazit
Ich habe nicht erwartet, dass mir „Die Frau in Weiß“ gefällt. Nachdem ich herausgefunden hatte, aus welchem Jahr das Buch stammte, wollte ich es gar nicht lesen.
Aber es hat sich gelohnt. Das Buch hat mich zum Fingernagelbeißen gebracht und ich wollte es am liebsten gar nicht mehr weglegen.
Besonders faszinierend fand ich den Einblick in die Etikette des 19. Jahrhunderts. Und ich weiß jetzt erstaunlich viel über das Erbrecht im 19. Jahrhundert.

Wem könnte dieses Buch gefallen?
„Die Frau in Weiß“ ist nichts für Buch-Neueinsteiger, aber Fans von Mystery-Romanen oder Krimis werden auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen.
Wenn du Geheimnisse, viele unerwartete Wendungen und tolle Charaktere magst, dann wird dir das Buch auch gefallen. Allerdings musst du im Hinterkopf behalten, dass diese Geschichte eine echte Zeitinvestition ist.


Habt ihr dieses Buch, oder irgendetwas von Wilkie Collins schon einmal gelesen? Ich freue mich über Kommentare.

Teilen mit:

2 Replies to “Rezension – Die Frau in Weiß”

  1. Venja says:

    Zähle die Regale von unten durch bis zum 12. Buch und dann nimm das, was direkt auf dem Regalbrett darüber steht. Wenn dies kein Roman sein sollte, nimm das links davon, es sei denn, es hat ein rotes Cover. Wenn es ein rotes Cover haben sollte, nimm das Buch aus dem Regal, auf dessen Buchrücken der Titel am Fettesten gedruckt ist und dich sozusagen anspringt.
    Sollte dir das alles jedoch zu kompliziert werden, nimm einfach das allerletzte Buch im Regal. Das steht wahrscheinlich am längsten da und keiner wollte es haben, also perfekt für dieses Projekt. ; P

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert